Hohe Berge und tiefe Schluchten
Dienstag, 09.08.2016
Es ist kurz nach acht, seit etwa einer Stunde knallt die Sonne auf das Dach des Didimobils. Es ist einfach zu heiß, um weiterzuschlafen, obwohl über Nacht alle Fenster offen geblieben waren. Ich setze mir einen Kaffee auf und genieße die erste warme Dusche seit drei Tagen. Eigentlich wollte ich mich heute auf den Weg Richtung Albanien machen, aber die schon jetzt unerträgliche Hitze lässt in mir die Idee aufkommen, zurück zum Durmitor-Nationalpark zu fahren. Dieser liegt weit oben in den Bergen, wo es folglich angenehm kühler sein wird.
Gegen halb zehn verlasse ich den Campingplatz; auf dem Hinweg hatte ich bereits gesehen, dass es eine direkte Straße vom Westufer der Bucht nach Nikšić gibt. So erspare ich mir die kleine Landstraße vom Hinweg.
Zwischen Morinj und Strp verlässt die Straße die Bucht von Kotor und steigt über etliche Kilometer stetig an, sodass mir der Bulli regelrecht leid tut. Die ersten fünf Kilometer eröffnen dabei auf der rechten Seite noch einmal herrliche Ausblicke auf das UNESCO Weltnaturerbe, bis es danach in das bergige Hinterland geht.
Nach einer guten Stunde Fahrzeit erreiche ich das Slansko-Wasserreservoir und kurz darauf Nikšić, von wo ich über die Straße vom Hinweg zurück bis nach Plužine fahre.
Als ich mich Plužine, dem Tor zum Durmitor, nähere, eröffnen sich erste Blicke auf die mächtigen Berge mit der tiefen Schlucht der Piva. Irgendwo dort oben muss der Durmitor Nationalpark liegen.
Hinter Plužine am Piva-Stausee zweigt eine unscheinbare Straße in einen steilen Tunnel zum Durmitor Nationalpark ab, kurz darauf gabelt sich die Straße in einem weiteren Tunnel, allerdings ohne Hinweisschild zum Durmitor. Ich fahre zuerst ein kleines Stückchen geradeaus, finde die abbiegende Straße jedoch interessanter, sodass ich umdrehe und im dunklen Berg verschwinde.
Die Straße entpuppt sich als steile Serpentinenstraße, die immer wieder durch einfach in den Stein gehauene Tunnel führt und zwischenzeitlich fantastische Ausblicke auf den türkis leuchtenden Stausee bietet.
Die Straße ist kaum befahren, dafür wird sie immer enger und bald ist auch die Baumgrenze erreicht. Nach einer halben Stunde erreiche ich das kleine Bergdorf Trsa (mit Vokalen haben die das hier offenbar nicht so… 😉 ) und gönne mir im Gasthaus einen Kaffee und ein Stückchen Tiramisu.
Schmeckt super, fast wie in Italien. Das Gasthaus hat sogar kostenloses W-Lan hier oben in der Abgeschiedenheit der Berge, und so überprüfe ich erst einmal auf Google Maps, wo ich mich eigentlich befinde. Beide Straßen hätten zum Durmitor geführt und werden sich in ein paar Kilometern wieder vereinen. Die von mir gewählte Route scheint aber tatsächlich die landschaftlich Schönere von beiden zu sein.
Gut gestärkt mache ich mich auf den Weg, weiter hinauf auf die Hochebene des Durmitor, welcher zusammen mit dem Tara Canyon ebenfalls seit 1980 Teil des UNESCO Weltnaturerbes ist.
Etwa zwei Stunden Zeit lasse ich mir für die 40 Kilometer lange Überquerung des Hochlandes. Ein wenig erinnert es dort an eine Mischung aus Norwegen und Wales.
Ich hatte mir bereits zwei Campingplätze in der Nähe von Žabljak ausgeschaut, weil es jedoch erst halb drei ist beschließe ich, noch ein Stückchen weiter Richtung Tara Canyon zu fahren.
Etwa zwanzig Minuten später erreiche ich die Đurđevića-Tara-Brücke. Die 1940 eröffnete Stahlbetonbogenbrücke überquert an dieser Stelle den Fluss Tara. Der größte und höchste ihrer fünf Bögen weist eine lichte Höhe von 150 Metern über der Tara auf.
Gegen 16 Uhr mache ich mich wieder auf den Weg. Noch ist es hell, und die Tara-Schlucht, der größte und mit bis zu 1.300 Metern tiefste Canyon Europas beginnt direkt an der Brücke. So mache ich mich auf den Weg gen Osten. Die Straße verläuft hier ausnahmsweise nicht am oberen Berghang, sondern direkt neben dem wilden Fluss. Aufgrund der schieren Höhe der fast senkrecht stehenden Felsen und mangelnden Parkmöglichkeiten ergeben sich leider kaum Fotomotive. Beeindruckend ist eine Fahrt durch den Canyon aber allemal.
Gegen Abend begebe ich mich auf die Suche nach einem Campingplatz. Google ist keine große Hilfe, angeblich gibt es im Umkreis von 50 Kilometern keinen einzigen Campingplatz. Ich versuche mein Glück in dem kleinen Wintersportort Kolašin. Im Sommer ist hier Totentanz, doch zum Glück hat die örtliche Touristeninformation(!) geöffnet, wo man mir einen Platz mitten im Wald am Rande des Nationalparks Biogradska Gora empfiehlt.
Am Beginn der Sackgasse zum Nationalpark wird eine Zufahrtsgebühr in Höhe von drei Euro fällig. Auf die Frage, dass ich eigentlich auf der Suche nach einem Campingplatz bin, zeigt die sehr mit Telefonieren beschäftigte Dame an der Kasse nur in Richtung Nationalpark, murmelt etwas von „ja ja“ und öffnet die Schranke.
Mitten im Wald endet die Straße auf einem Parkplatz an einem See. Ich frage im Kiosk nach, wo denn der Campingplatz sei. „Hier“, entgegnet die Rangerin und knüpft mir 10,-€ ab. Tatsächlich findet sich auch eine Stromsteckdose, die zwar vier Anschlüsse beinhaltet, der einzig funktionierende Anschluss verschwindet jedoch bereits in einem Wohnwagen eines nicht sehr gesprächigen Einheimischen. Dann gibt es eben keine kalten Getränke – auch nicht schlimm.
Gegen 19:30 Uhr wird es dunkel, und mit der Dunkelheit verlassen auch sämtliche Tagesbesucher und Mitarbeiter den Platz. Es sind noch zwei weitere Camper verstreut im Wald; ich koche mir leckere Nudeln und verbringe den Abend im Didimobil, denn die Mücken sind leider nicht mit den anderen Tagesgästen gegangen, sondern belagern die paar Zurückgebliebenen wie ausgehungerte Löwen. Alsbald lege ich mich ins Bett, denn es ist inzwischen empfindlich kalt geworden auf 1.094m Höhe.
Hallo,
diesen Tunnel mit innerlichem Abzweig und Loch auf dem Weg nach Zabljak kenne ich auch:-)
Kennst du seinen Namen oder die GPS-Koordinaten?
Danke
LG
Moin Anne,
der Tunnel befindet sich direkt hinter dem Abzweig der Straße in den Durmitor-Nationalpark von der Straße durch den Piva-Canyon, etwa einen Kilometer nördlich von Pluzine.
Die Koordinaten sind lt. google maps 43.167077,18.861365
Liebe Grüße,
Didi 🙂