65 Kilometer ist sie lang und so abwechslungsreich wie kaum ein anderer Fluß im Großraum Hamburg: Die Bille. Von Linau im schleswig-holsteinischen Herzogtum Lauenburg bis fast in die historische Hamburger Speicherstadt überwindet die Bille zwei künstliche Staustufen. Hierdurch lässt sich der Flusslauf der Bille in einen Ober-, einen Mittel- und einen Unterlauf einteilen. Jeder dieser drei Abschnitte hat einen ganz eigenen, unverwechselbaren Charakter.
Der Oberlauf der Bille
Der Oberlauf der Bille gliedert sich in zwei landschaftlich sehr unterschiedliche Abschnitte. Auf der ersten Hälfte des Oberlaufes fließt sie durch eine landwirtschaftlich geprägte Region mit vielen Feldern und Weiden, während die zweite Hälfte von Grande bis Reinbek durch teilweise dichten Urwald des Naturschutzgebietes Billetal fließt.
Die Quelle
Die Bille entspringt in einem kleinen Waldstück unweit des schleswig-holsteinischen Örtchens Linau im wunderschönen Herzogtum Lauenburg, rund 35 Kilometer Luftlinie von der Hamburger Innenstadt entfernt. Ein großer Findling am Rande eines Waldweges weist auf die etwas abseits und gut versteckt im Wald liegende Quelle hin.
So richtig ausmachen lässt sich die Quelle indes nicht. In einem kleinen Feuchtgebiet steckt dort ein Stab, der den annähernd genauen Ursprung des ganz frischen Flüsschens markiert.
Die Burgruine Linau
Ganz in der Nähe der Billequelle befinden sich die rekonstruierten Überreste der Burg Linau, deren Burggraben einst direkt aus der Billequelle gespeist wurde. Die Raubritter von Scharpenberg hatten die Burg im ausgehenden 13. Jahrhundert strategisch günstig an der Handeslstraße von Hamburg nach Lübeck angelegt, was den lokalen Fürsten, Herzögen und Städten verständlicher Weise ein Dorn im Auge war. So kam es, dass die Raubritter von Scharpenberg die Burg Linau nach dreiwöchiger Belagerung bereits am 23. September 1349 aufgaben und die Burg anschließend bis auf die Grundmauern abgetragen wurde.
Die Bille als Grenzfluss
Auf ihren ersten Kilometern ist die Bille kultiviert und dient als Be- und Entwässerungsgraben der angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen. In einem großen Bogen verläuft sie zuerst nach Nordosten, um anschließend fast geradlinig nach Süden nach Köthel zu verlaufen. Nördlich des Koberger Ortsteils Billbaum wird die Bille zudem zum Grenzfluss zwischen den Landkreisen Herzogtum Lauenburg auf der östlichen/linken Flussseite und Stormarn auf der westlichen/rechten Flussseite.
Den kleinen Ort Köthel trennt die Bille in einen stormarnschen und einen lauenburgischen Teil, wobei jeder der beiden Ortsteile für sich genommen eigenständige Orte mit jeweils rund 300 Einwohnern bilden. Gleiches trifft auch auf den gut fünf Kilometer flussabwärts gelegenen Ort Hamfelde zu, auch hier gibt es einen stormarnschen und einen lauenburgischen Ortsteil.
Soda-Brücke
Südlich von Trittau erlaubt eine alte gemauerte Brücke der Bille den Durchlass durch einen Bahndamm. Hierbei handelt es sich um Relikte der ehemaligen Bahnstrecke Schwarzenbek – Trittau – Bad Oldesloe, die Anfang der 1980er Jahre stillgelegt und abgebaut wurde. Zwischen Bad Oldesloe und Trittau wurde die Bahnlinie inzwischen zu einem von drei Bahn-Radwegen in Stormarn umgebaut. Da die Brücke damit seit rund 40 Jahren ohne Funktion ist, gehört sie zu der seltenen Gattung der „Soda“-Brücken, denn sie steht nur so da. 😉
Die Grander Mühle
Weiter schlängelt sich der inzwischen angewachsene Fluss durch Wiesen und Felder bis nach Grande. Das nördlich der Bille auf stormarnschem Grund gelegene Grande gehörte bis ins ausgehende 19. Jahrhundert zu den 17 sogenannten Holzdörfern des Kreises Stormarn. Durch die direkte Nachbarschaft zum Sachsenwald besaßen die Bauern hier eine Art Sonderrecht für die Waldnutzung.
Bereits südlich der Bille in Kuddewörde und damit im Herzogtum Lauenburg befindet sich die historische Grander Wassermühle. Die älteste Korn-Wassermühle Norddeutschlands stand bis 1969 in Betrieb, heute beherbergt sie ein italienisches Restaurant sowie einen Hotelbetrieb.
Naturschutzgebiet Billetal
Hinter der Grander Mühle beginnt einer der landschaftlich reizvollsten Abschnitte der Bille. Mitten durch das Naturschutzgebiet Billetal schlängelt sich die Bille hier. 1987 wurde das Billetal auf 17 Kilometer Länge unter Naturschutz gestellt. Ein wunderschöner Wanderweg führt von Grande über Witzhave und Sachsenwaldau weiter bis nach Aumühle. Mit ein wenig Glück kann man auf einer Wanderung sogar den seltenen Eisvogel sehen.
Direkt angrenzend an das Naturschutzgebiet Billetal befindet sich der forstwirtschaflich genutzte Sachsenwald. Mit seiner Fläche von 70km² stellt er das größte zusammenhängende Waldgebiet Schleswig-Holsteins dar.
In der Nähe des Reinbeker Ortsteils Sachsenwaldau queren gleich zwei Brücken die Bille. An einer der Beiden, der Fürstenbrücke, bietet eine kleine Lichtung einen entspannten Platz zum Verweilen mitten in der Natur. Und für Wasserratten befindet sich sogar eine Schaukel an einem Baum mitten über der Bille.
Von Sachsenwaldau sind es noch zwei Kilometer bis nach Aumühle. Hier verschwindet die Bille hinter hohen Zäunen der Fürst Bismack Quelle, einer überregional bekannten Mineralwasserquelle.
In Aumühle trifft die Bille auf die Schwarze Au, Namensgeber der Kleinstadt im Sachsenwald. Aumühle ist wie eine Zwischenstation der Zivilisation auf dem ersten Abschnitt der Bille. Neben zahlreichen Restaurants und dem historisch bedeutsamen Ortsteil Friedrichsruh verfügt Aumühle auch über einen Bahnhof. Aumühle ist der östliche Endpunkt der Hamburger S-Bahn-Linie S21 und wird auch gerne als das „Tor zum Sachsenwald“ bezeichnet.
Naturschutzgebiet Unteres Billetal
Die Bille fließt indes weiter in einem großen Bogen um die Reinbeker „Exklave“ Krabbenkamp. Anfang der 1980er Jahre erbaut und nur von einer einzigen Stichstraße von Norden aus erschlossen, befindet sich die 1.000 Einwohner große, reine Wohnsiedlung eingekesselt zwischen der Bahnstrecke Hamburg – Berlin im Norden und der Bille. Die Bille ist hier nicht nur Grenzfluss zwischen Stormarn und Herzogtum Lauenburg, sondern grenzt auch den Krabbenkamp im Osten von Aumühle und im Süden und Westen von Wohltorf ab.
Seit Aumühle bildet die Bille ebenfalls die südliche Stadtgrenze der stormarnschen Stadt Reinbek, erst zu Aumühle, später dann zu Wohltorf und am Ende zur Gemeinde Wentorf bei Hamburg. Auf dem Weg bis zum Reinbeker Mühlenteich unterquert die Bille mehrmals die Bahnstrecke Hamburg – Berlin und durchfließt das Naturschutzgebiet Unteres Billetal im Reinbeker Vorwerksbusch. Letztendlich endet der Oberlauf der Bille im seit über 100 Jahren aufgestauten Reinbeker Mühlenteich.
Der Mittellauf der Bille
In Reinbek befindet sich die erste von zwei Staustufen der Bille. Neben dem Barockschloss aus dem 16. Jahrhundert wird die Bille seit hunderten von Jahren zum Mühlenteich aufgestaut und erreicht über ein hufeisenförmiges Wehr den sogenannten Mittellauf zwischen Reinbek und Hamburg-Bergedorf.
Dieser mit rund sechs Kilometern kürzeste Abschnitt der Bille verläuft größtenteils idyllisch durch Waldgebiete und bietet auf Hamburger Gebiet mit parallelen Wanderwegen, Verweil- und Spielplätzen einen hohen Erholungswert nicht nur für die direkten Anwohner.
Die Bille als Erholungsraum
Die Japaner wissen es schon lange: Waldspaziergänge sind eine Wohltat für Körper und Seele. Kein Wunder also, dass der Mittellauf der Bille seit jeher ein beliebter Ort für einen sonntäglichen Waldspaziergang ist.
Über einen hufeisenförmigen Wasserfall fließt die Bille vom ihrem Oberlauf in den kurzen Mittellauf. Eine kleine, neu gestaltete „Promenade“ führt in Reinbek über die 1793 errichtete Dänenbrücke, wo es auch einen bequemen Einstieg für Paddler und Kanufahrer gibt. Allerdings versperren auf weiten Teilen große, umgekippte Bäume die Passage für Wassersportler, weshalb man sich vorher über die momentanen Gegebenheiten informieren sollte.
Auch, wenn die Bille die meiste Zeit über wie der biedere, ruhige Fluss daher kommt, so sorgen ausgiebige Regenfälle über einen längeren Zeitraum durchaus auch mal dafür, dass sich der Fluss zu einem reißenden Strom entwickelt und hier und dort über die Ufer tritt. Zuletzt geschehen im Februar 2022:
Die Bille unterquert in Reinbek erneut die Bahnlinie Hamburg – Berlin und schließt somit die Wentorfer Exklave des Billewinkels zwischen der Bahnlinie und dem Fluss ein. Vorbei am Reinbeker Krankenhaus St.-Adolf-Stift wird nach kurzer Zeit die Bahnlinie erneut unterquert. Die Bille erreicht hier die Ausläufer des Naherholungsgebietes Bergedorfer Gehölz.
Bergedorfer Gehölz
Mit Erhebungen von bis zu 50 Metern Höhe ist das Bergedorfer Gehölz ein für norddeutsche Verhältnisse hochalpines Waldgebiet. Besonderer Beliebtheit erfreut sich im Winter der Doktorberg, auf dem in den 1930er eine rund einen Kilometer lange Rodelbahn angelegt wurde.
Das Waldstück zwischen Reinbek und Bergedorf ist als sogenannter Erholungswald deklariert. Im Gegensatz zum Naturschutzgebiet Billetal ist hier die freie Nutzung des Waldes durch die Bevölkerung nicht nur erlaubt, sondern auch ausdrücklich erwünscht.
Pionierbrücke über die Bille
Zur Querung der Bille und gleichzeitigen Überschreitung der Bundeslandgrenze von Schleswig-Holstein nach Hamburg wurde 1967 von Bundeswehr-Soldaten der ehemaligen Kaserne in Wentorf eine Brücke über die Bille errichtet. Die heutige rund 100 Meter lange Pionierbrücke stammt indes aus dem Jahre 1998, als der inzwischen marode Vorgängerbau erneuert wurde. Vermutlich mangels ausreichender Wartung und Pflege wird auch diese Brücke derzeit nach nur zwanzig Jahren Nutzungsdauer durch einen GFK-Neubau ersetzt. Ab 2023 soll die Billequerung an der Pionierbrücke dann wieder möglich sein – ganz umweltfreundlich aus Plastik. :/
Mit der Pionierbrücke überquert nicht nur der Wanderer die Bundesland-Grenze zwischen Schleswig-Holstein und Hamburg, sondern auch die Bille fungiert ab hier nicht mehr nur als Kreis-, sondern ebenfalls als Landesgrenze. Zu Zeiten der Ausgangssperren während der beginnenden Corona-Pandemie machte man sich als Hamburger strafbar, wenn man über diese Brücke einen Fuß ins „gesperrte“ Schleswig-Holstein setzte. 😉
Die Bille in Hamburg Bergedorf
Hamburg-Bergedorf begrüßt die Bille sogleich mit einem historischen Wasserwerk. Von 1848 bis 1898 wurde hier der Bille Wasser entnommen und als Trinkwasser aufbereitet, bevor ab dem beginnenden 20. Jahrhundert das Wasser hier durch zwei Grundwasserbrunnen gefördert und aufbereitet wurde. Auch heute noch versorgt das Bergedorfer Wasserwerk Reinbek, Wentorf und große Teile von Bergedorf mit dem mehrfach ausgezeichneten Hamburger Trinkwasser.
Brauereiteiche und Eiskeller
Mit der Stadtgrenze zu Hamburg erreicht die Bille das erste Mal richtiges städtisches Gebiet. Direkt zu Beginn begrüßt die Hansestadt Hamburg die Bille mit einem historischen Relikt: Den Brauerei-Teichen. Die an der Chrysanderstraße, wo die Bille erneut ein Wohngebiet im Halbkreis zwischen Bahnlinie und Flussbett „einkesselt“, liegenden Brauerei-Teiche wurden bereits in den 1860er Jahren zusammen mit der traditionsreichen Bergedorfer Actien-Bier-Brauerei dort angelegt und dienten im Winter zur Eisgewinnung.
Eis war für den Kühlprozess bei der Herstellung des untergärigen Bieres bis zur Einführung leistungsfähiger Kühlmaschinen Anfang des 20. Jahrhunderts unabdingbar. Ein weiteres Relikt der längst vergangenen Bergedorfer Brautradition sind die unscheinbar unter einem modernen Wohnhaus gelegenen Überreste eines brauereieigenen Eiskellers.
Naherholungsgebiet Bille
Weiter Flussabwärts endet die Funktion der Bille als Grenzfluss und sie wird zu Hamburgs drittgrößtem Fluß. Direkt hinter der Landesgrenze befindet sich ein Abenteuerspielplatz für Kinder im Stile eines Wikingerschiffes.
Nachdem die Bille in einem weiten Bogen um die Chrysanderstraße erneut die Bahnlinie unterquert, erreicht sie das innerstädtische Naherholungsgebiet am Schillerufer. Angrenzend an das sogenannte Villenviertel und die historische Bergedorfer Windmühle lockt die kleine Promenade entlang der Bille mit einem leckeren italienischen Restaurant, einem Bootsverleih, einer Minigolf-Anlage und dem Billebad, einem von zahlreichen kommunalen Schwimmbädern Hamburgs.
Wenige hundert Meter später erreicht die Bille das Bergedorfer Schloss und den angrenzenden Schlosspark. Das einzige vollständig erhaltene Schloss Hamburgs aus dem 15. Jahrhundert beherbergt heute das Museum für Bergedorf und die Vierlande sowie ein Restaurant. Die Bille, die hier auch als Schlossgraben fungiert, wird hier seit 1208 zu einem kleinen See aufgestaut.
Die Bille und der Bergedorfer Hafen
Die Staustufe führt direkt in das kleine Becken des Bergedorfer Hafens. Früher der Angelpunkt des wirtschaflichen Lebens der einstigen selbständigen Stadt Bergedorf, säumen heute Gaststättenbetriebe und ein großes Einkaufszentrum die Ufer des Hafenbeckens. Heute legen nur noch gelegentlich überteuerte Kaffeefahrten für Rentnergruppen am Serrahn-Kai ab, und einmal im Monat gibt es die Möglichkeit, mit einem Alsterdampfer direkt bis zum Jungfernstieg in der Hamburger Innenstadt zu fahren.
Derzeit wird die Hafenpromenade „Serrahn“ komplett erneuert. Viele schattenspendende Bäume wurden dafür gefällt. Auch, wenn der alte Hafenkran inzwischen renoviert wurde und als Industriedenkmal erhalten bleibt, lädt dieser Bereich heutzutage nicht mehr wirklich zum Verweilen ein.
Der Schleusengraben – die „neue“ Bille
Ab dem Bergedorfer Hafen ist die Bille seit 1443 durch den Schleusengraben an die Dove Elbe angebunden. Errichtet wurde der Schleusengraben damals in erster Linie zur Entwässerung der damaligen Insel Billwärder, sorgte später aber auch für die Erreichbarkeit des Bergedorfer Hafens durch etwas größere Boote und Kähne.
Heute säumen den Schleusengraben das Fachmarktzentrum mit einem großen Supermarkt und einer Elektronikmarkt-Kette sowie der Kocatepe-Camii-Moschee. Südlich grenzen die historischen Stuhlrohrhallen an, ein letztes Zeugnis des Industriestandortes an der Bille. Hier, zwischen Fachmarktzentrum und Stuhlrohrhallen, verschwindet die Bille unscheinbar in einem unterirdischen Rohr und unterquert für rund 600 Meter u.a. die wichtige Verkehrsader B5 und – Überraschung – erneut die Bahnstrecke Hamburg – Berlin.
Der Unterlauf der Bille
Die Hauptwasserlast läuft seit 1443 von Bergedorf über eine der ältesten künstlichen Wasserstraßen Deutschlands, den Schleusengraben, in die Dove Elbe und weiter Richtung Elbe. Die eigentliche Bille ist heute verrohrt und taucht erst einige hundert Meter weiter nordwestlich unweit der Kreuzung Sander Damm/B5 als eher mickriger Bach wieder ans Tageslicht.
Im Stadtgebiet Bergedorf durchfließt die Bille nach der Großwohnsiedlung Bergedorf-West den sehr ländlich geprägten Hamburger Südosten, bevor sie in Moorfleet an Bedeutung als industrielle Wasserstraße erlangt und maßgeblich zum Aufschwung des Industriegebietes Billbrook beigetragen hat. Am Hamburger Großmarkt schließlich mündet die Bille nach 65 Kilometern, davon 23 auf dem Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg, in den Oberhafenkanal und mit diesem durch die Speicherstadt in die Elbe.
Die Wiedergeburt der Bille
Aus einem unscheinbaren Rohr entspringt zwischen einem Autohaus und der „Hauni“, einem Betrieb für die Herstellung von Zigarettenautomaten, ein kleiner Bach. Stünde an dem parallelen Schotterweg kein Wegweiser „Bille-Wanderweg“, käme man eher nicht auf die Idee, dass es sich hierbei um einen bereits gut 45 Kilometer langen, ausgewachsenen Fluss handelt.
Zwichen dem Industriegebiet entlang der Kurt-A.-Körber-Straße im Süden und dem Wohngebiet Billwerder Straße im Norden schlängelt sich die wieder zu neuem Leben erweckte Bille durch einen Grünzug mit etlichen Kleingartenkolonien. Ein ausgebauter Wanderweg begleitet den Fluss auf den nächsten Kilometern immer entlang der Grenze zwischen den Hamburger Stadtteilen Bergedorf und Lohbrügge.
Billhorner Billdeich Park
Vorbei an der Stadtteilschule (ehemals Gesamtschule) Bergedorf und den beruflichen und gewerblichen Schulen des Bezirks Bergedorf erreicht der Fluss den Billwerder Billdeich Park. Bei schönem Wetter lädt dieser eher unbekannte Park mit seinen schattenspendenden Bäumen und den Terrassenstufen am Ufer eines Bille-Rückhaltebeckens zum Entspannen ein. Mit dem Fernmeldeturm Hamburg-Lohbrügge im Hintergrund erinnert der Park sogar ein wenig an den bekannten Hamburger Park Planten un Blomen.
Folgt man dem Billewanderweg weiter flussabwärts, eröffnet sich dem Spaziergänger nach Überqueren des Ladenbeker Furtweges ein wundervoller Blick weg vom kleinen Flüsschen hin auf die Weite der Oberbillwerder Kulturlandschaft. Man mag kaum glauben, dass man sich hier nach wie vor mitten in der Millionenmetropole Hamburg befindet. Wie lange dieser ungestörte Blick noch möglich sein wird, ist indes ungewiss. Die Stadt Hamburg plant auf dieser Fläche, in naher Zukunft eine Trabentenstadt für über 15.000 Einwohner zu errichten.
Die Boberger Dünen
Nicht weit von der geplanten Großwohnsiedlung Oberbillwerder entfernt streift die Bille die Ausläufer eines der artenreichsten Naturschutzgebiete Hamburgs. Bekannt ist das Naturschutzgebiet Boberger Niederung für seine Binnendünen, die besonders im Sommer Naturfreunde wie Sonnenanbeter gleichzeitig anziehen.
Neben der Attraktion der Boberger Dünen befindet sich der Segelflugplatz Boberg. An Tagen mit bestem Fliegerwetter kann man hier die lautlosen Gleiter fast im Minutentakt starten und landen sehen. Gegen eine Gebühr von derzeit 40,-€ ist auch ein Mitflug in einem der Segelflugzeuge möglich, um einmal einen Blick von oben auf die einmalige Dünenlandschaft der Boberger Niederung zu erhaschen. Einfach vor Ort nachfragen.
Billwerder – Längstes Dorf Europas entlang der Bille
Acht Kilometer sind heute noch übrig vom einstmals längsten Dorf Europas. Die Rede ist von Billwerder, dem Straßendorf, welches sich entlang des Billerder Billdeichs von Bergedorf bis zum heutigen Billbrook erstreckt. Die Bille folgt ihm schon seit Verlassen der Bergedorfer Agglomeration und verläuft immer parallel zum Billwerder Billdeich, zwischen altehrwürdigen Bauernhäusern und Weideland.
Etwa auf halbem Wege zwischen dem Mittleren Landweg und Billbrook befindet sich die Billwerder Kirche St. Nikolai. Ob von der Autobahn A1, der Bundesstraße B5 oder von der Bahnstrecke Hamburg – Berlin aus, der Mittelpunkt des Straßendorfes Billwerder ist weithin sichtbar.
An der Autobahn A1 ist für Wasserwanderer auf der Bille kurzzeitig Schluss. Hier versperrt ein Pumpwerk Wassersportlern die Weiterfahrt, lediglich Reiter können das rund 60cm tiefe Wasser unterhalb der Autobahn in einer eigens dafür vorgesehenen Reitfurt durchqueren. Alle anderen müssen den etwas längeren Weg über die Straßenbrücke des Billwerder Billdeiches nehmen.
Das Billwerder Glockenhaus
Gleich hinter der Autobahnbrücke befindet sich ein echtes Kleinod. Das Deutsche Maler- und Lackierermuseum ist hier in einem Ensemble aus einer alten Scheune und dem gegenüber liegenden prunkvollen Glockenhaus mit wunderschön gestaltetem Garten gelegen. Das Glockenhaus ist ein Zeugnis dafür, dass es wohlhabende Hamburger im 17. und 18. Jahrhundert vermehrt in die Sommerfrische „aufs Land“ zog. Dabei brauchten sie die Hamburger Stadtgrenzen nicht verlassen, da Billwerder bereits seit 1395 zu Hamburg gehört.
Auch andere Gebäude entlang des traditionsreichen Billwerder Billdeiches zeugen von einem gewissen Wohlstand der Menschen, gepaart mit einer großen Heimatverbundenheit.
Schlüter Park
Versteckt hinter hohen Hecken liegt der Schlüter Park. Selbst den meisten Hamburgern wird dieses Kleinod als Bindeglied zwischen Billwerder und dem industriell geprägten Billbrook gänzlich unbekannt sein. Der kleine Park bietet eine Liegewiese, einen Spielplatz, viele schattige Bäume und einen direkten Zugang zu einem Baggersee des gegenüberliegenden Kieswerkes.
Auch ermöglicht der Schlüter Park einen perfekten Blick auf das mit 304 Metern Höhe höchste Bauwerk Hamburgs, den Sende- und Funkmast Moorfleet. Der Mast wird nicht nur für die Verbreitung von analogem und digitalem Radio und Fernsehen genutzt, sondern er liefert auch wichtige meteorologische Daten wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit oder Windgeschwindigkeit an das Meteorologische Institut der Universität Hamburg.
Billbrook, der vergessene Stadtteil
Die Bille erreicht nun die Ausläufer des Industriegebiets Billbrook. Hier kurz vor der Roten Brücke befindet sich die Pagode Bao Quang, ein Tempel einer vietnamesischen Buddhistischen Vereinigung mit derzeit mehr als 3.500 Mitgliedern allein innerhalb der vietnamesischen Gemeinde Hamburgs.
Wer auf dem Wasserwege entlang der Bille nach Billbrook kommt, dem bleiben die Industriebauten vorerst verborgen. Mit viel idyllischem Grün an den Seiten fließt die Bille gemächlich der Bundesstraße 5 in Billstedt entgegen.
Doch auch Billbrook ist kein ausschließliches Industriegebiet. Rund 1.600 Menschen leben noch am Rande des größten zusammenhängenden Industrieareals der Hansestadt Hamburg, hauptsächlich am Rande entlang der Bille. Das Kaiserliche Postamt hat seine Bestimmung schon vor vielen Jahren verloren, dennoch wirkt es wie ein Kleinod aus längst vergangenen Zeiten.
Wikipedia schreibt über Billbrook:
Billbrook besteht heute fast ausschließlich aus Gewerbegebiet und ist das größte zusammenhängende Industriegebiet der Hansestadt neben dem Hafen. Hier setzte die Industrialisierung der Elbmetropole auch besonders früh ein, es verfügt über eine außerordentlich vielschichtige Vergangenheit und hat bis heute eine große Bedeutung als Gewerbestandort. Zwei kleine Wohngebiete befinden sich am Billbrookdeich im Norden und Nordosten längs des Billeufers sowie an der Ecke Andreas-Meyer-Str./Halskestraße im äußersten Süden des Stadtteils.
https://de.wikipedia.org/wiki/Hamburg-Billbrook
Entlang der B5 verläuft auf der nördlichen Seite der Bille vom alten Billstedter Bahnhof bis zur Gelben Brücke ein langgestreckter Grünzug. Hier trifft man viele Jogger und Hundehalter aus dem benachbarten Billstedt, die den Park rege nutzen.
Die bunten Bille-Brücken Hamburgs
Ein Kuriosum in Billbrook sind die nach Farben benannten Brücken. Entlang der Bille flussabwärts sind dies die Rote Brücke, die Gelbe Brücke (Schiffbeker Weg), die Blaue Brücke (Ring 2), die Braune Brücke (Ausschläger Billdeich/Diagonalstraße), die Grüne Brücke (Billwerder Steindamm) und die Schwarze Brücke (Heidenkampsweg B75). Besonderes Merkmal dieser Brücken sind nicht nur ihre Namen, sondern auch, dass die Brückengeländer in den jeweiligen Farben gestrichen sind. Der Ursprung der bunten Brücken ist indes nicht hinreichend belegt: Entweder handelte es sich um eine Orientierungshilfe für die Flussschiffahrt, oder es vereinfachte den Industriearbeitern, von denen Anfang des vorigen Jahrhunderts viele nicht lesen und schreiben konnten, die Orientierung.
Industrieromantik pur
Von der Gelben Brücke aus lässt sich ein erster Blick auf die Vielfältigkeit und morbide Schönheit des Industriegebietes Billbrook erahnen. Entlang der Bille ist hier ein bunter Mix aus Lagerhäusern aus dem vorletzten Jahrhundert, kleinen Werftbetrieben, Schüttgutverladestellen und modernen Logistikunternehmen entstanden.
Markant ist hierbei der Commentz-Turm. Das heimliche Wahrzeichen und eines der zehn ältesten Industriedenkmäler Hamburgs gehört zum 1922 an diesem Standort gegründeten Terpentindestillationsbetrieb Commentz und ist schon von Weitem sichtbar.
Freunde der leicht vefallenden Industriearchitektur des vorletzten Jahrhunderts kommen in Billbrook voll auf ihre Kosten.
Doch die Bille ist auch Lebensader und Erholungsort für die Menschen aus Hamburg. Mitten im Industrierevier erstrecken sich riesige Kleingartenkolonien entlang des kleinen Flusses. Aus einigen Kleingärten wurden im Laufe der Zeit richtige Wochenendhäuser und nach dem Krieg auch Behelfsunterkünfte, die teilweise heute noch ganzjährig bewohnt werden.
Das Ende der Bille
Nachdem die Bille mit einem Schlenker um die Billerhuder Insel eine der größten zusammenhängenden Kleingartenkolonien der Hansestadt Hamburg tangiert hat, tritt sie ihre letzten Meter des 65 Kilometer langen Daseins an. Ein letztes Mal kreuzt sie dabei die Bahnstrecke Hamburg – Berlin. Hier entsteht derzeit mit dem Projekt Alster-Bille-Elbe-Parks ein Umweltprojekt unter Beteiligung mehrerer lokaler Initiativen, die zum Ziel haben, die Industriebrachen entlang der Bahnlinie zwischen Berliner Tor und der Bille in einen Grünzug zu verwandeln.
Zwischen den beiden Hauptein- und Ausfallstraßen Heidenkampsweg und Amsinckstraße befindet sich noch die Stärkefabrik Ingedion, welche auch heute noch regelmäßig mit Binnenschiffen beliefert wird.
Wenige Meter später sorgt die Brandshofer Schleuse dafür, dass die Elbe bei Sturmflut und Hochwasser nicht zu sehr in die Bille drückt. Hier am Rande des Hamburger Großmarktes mündet der wohl vielseitigste Fluss Hamburgs und seines Umlandes in den Billhafen, welcher über den Oberhafenkanal kurz darauf die Hamburger Speicherstadt und damit die Elbe erreicht.
Aufgewachsen „auf“ der nun erneuerten Pionierbrücke,unserem Kinderparadies, die Hamburg mit Schleswig Holstein verbindet,freut mich diese schöne Beschreibung des Flusslaufes sehr! Faltbootfahrten immer ein Abenteuer,unter umgefallenen Bäumen hindurch,ganz früher noch Bootsverleihe,heruntergekommene,gerad noch am Leben erhaltene Sonntags-Ausflügler Biergärten aus den 20igern…überall noch Bahnschranken statt abgeschnittene Wohnviertel, herrliche Erinnerungen.Danke für diesen Artikel!
Vielen Dank für diese tollen Eindrücke. Ich habe die Bille, noch nie so betrachtet!
Du hast sehr detailliert beschrieben, wie schön die Umgebung der Bille doch ist. Vielen lieben Dank!