Zum Tanken kurz nach Luxemburg
Samstag, 27.04.2019
Komischer Weise sind wir bereits um halb neun wach, dabei wäre das in Irland erst halb acht. Irgendwas stimmt also mit meinem Bio-Rhythmus nicht. Die Duschen sind zwar warm, aber mit die Ungemütlichsten auf der gesamten Tour, sodass die Morgenwäsche recht schnell vonstatten geht.
300 Kilometer sind es von Albert bis nach Luxemburg. Eigentlich wollen wir irgendwo in der Eifel einen weiteren Übernachtungsstop einlegen, da man in Luxemburg aber nach wie vor vergleichsweise günstig tanken kann, wollen wir zumindest den Nordzipfel des Kleinstaates durchfahren.
Landschaftlich ist der Norden Frankreichs nicht wirklich spannend, was ich bereits auf meiner Tour nach Amiens 2016 festgestellt hatte. Immerhin sind die Temperaturen heute erträglicher, nach knapp zwei Stunden sind wir wieder auf der Autobahn, die hier mautfrei ist und kurz darauf verlassen wir Frankreich, was ich dieses Mal als nicht so schrecklich empfand wie das letzte Mal. Vermutlich lag das zu einem großen Teil daran, dass wir dieses Mal ausnahmslos angenehme Einheimische getroffen haben, die alles andere als arrogant, überheblich und unfreundlich waren.
Durch Belgien fahren wir eine Stunde lang über die Autobahn, hinter Namur biegen wir ab auf die gut ausgebaute Nationalstraße N4, die uns ebenfalls zügig voran bringt.
Kurz vor Bastogne verlassen wir die Schnellstraße und finden einen belgischen Imbiss. Sollte es hier endlich richtige belgische Fritten oder gar eine Waffel geben? Wir sind hungrig, halten an und müssen feststellen, dass es sich eher um einen ordinären Schnellimbiss als um eine „echte“ belgische Frittenbude handelt. Die Frikandel sind dennoch sehr lecker, allerdings sind die Fritten genormte europäische 08/15-Pommes. Vermutlich sind echte belgische Fritten und echte belgische Waffeln genauso ein nichtexistenter Touristennepp wie Elche und Murmeltiere.
Weit ist es nicht mehr bis Luxemburg, wo es pünktlich mit dem Überqueren der Grenze anfängt, in Strömen zu gießen. Hamburger Wetter, dafür mit 1,12€ für den Liter Diesel selbst für deutsche Verhältnisse sehr günstige Preise. Das Didimobil kratzt schon an der Null-Liter-Marke und Didis Portemonnaie freut sich über eine ganze Tankfüllung für 65,-€.
So schnell wie wir nach Luxemburg hineingefahren sind, so schnell sind wir auch wieder draußen, zurück in Belgien. Und zurück im Sonnenschein. Die Gegend hier in Belgien ähnelt sehr stark Gebieten in Deutschland, und selbst die Beschilderungen sind in dieser Region in erster Linie auf deutsch. Eine Stunde später sind wir dann zurück in unserem Heimatland. Sieben Kilometer sind es bis ins wunderschöne Monschau; Didi war vor fünf Jahren bereits mit einer Jugendgruppe hier und kennt den Ort, über dem tiefdunkle Wolken hängen.
Direkt vor den Toren der autofreien Stadt Monschau finden wir zwei zusammenhängende Parkplätze. Gerade, als wir den nicht gerade günstigen Parksschein gelöst haben, fängt es fürcherlich an zu regnen. Zum Glück haben wir alle „Singen und Klatschen“ in der Schule gehabt und einen kurzen, aber effektiven Anti-Regen-Tanz später hört es nach wenigen Minuten glücklicher Weise wieder auf zu regnen und die Sonne kommt sogar hervor.
Das 11.000-Einwohner-Städtchen Monschau liegt in einem engen Tal an der Rur und ist bekannt für seine historischen Fachwerkbauten. Im Sommer ist der Ort täglich von tausenden Bustouristen aus aller Welt überlaufen, heute sind die alten Kopfsteinpflastergassen angenehm leer.
Bekannt war Monschau vor allen Dingen für seine Textilindustrie, die ihre Blütejahre im ausgehenden 18. Jahrhundert hatte. Das prachtvolle „Rote Haus“ der Fabrikantenfamilie Scheibler ist ein sehenswertes Zeugnis dieser Industriegeschichte.
Dreißig Kilometer östlich von Monschau befindet sich der Wohnmobilstellplatz Gemünd, den wir nach einer guten halben Stunde Fahrt erreichen und wo wir rein zufällig bei unserer Ankunft von einem Alphornbläser begrüßt werden. Gemünd ist ein anerkannter Kurort, und so sind wir frohen Mutes, in dem 4.500-Seelen-Ort etwas Anständiges zu Essen zu finden.
Kurort bedeutet jedoch nicht unbedingt, dass dort das pralle Leben tobt, ganz im Gegenteil. Um 19 Uhr sind bereits alle Bürgersteige hochgeklappt, das laut Internet empfehlenswerte Restaurant im Kurmittelhaus hat bis einschließlich morgen wegen Renovierungsarbeiten geschlossen und im örtlichen Brauhaus sind alle Plätze belegt und sobald die Menschen dort abgespeist sind, wird die Küche geschlossen werden. Letztendlich werden wir in einem Döner-Imbiss fündig, der zwar gutes Essen, dafür aber nur Kölsch oder Bitburger als Bierauswahl hat.
Wir sind dementsprechend früh zurück am Didimobil und lassen den Abend bei einem zuvor in Monschau erworbenen Kaffee-Bier ausklingen. Im Nachhinein betrachtet war die Auswahl zwischen Kölsch und Bitburger dann doch nicht ganz so schlimm… :O
Sauerland, mein Herz schlägt für das Sauerland
Sonntag, 28.04.2019
Gestern früh ins Bett (weil Gemünd einfach tot ist), heute daher früh wieder raus. Für die Duschen benötigt man 50-Cent-Stücke, die wir bereits alle für die ebenfalls gebührenpflichtige Toilette ausgegeben haben. Ab neun wäre auch der Platzwart vor Ort; wir wollen aber jetzt keine halbe Stunde nur wegen einer Dusche warten und bezahlen per ausliegendem Vordruck und Briefumschlag, den wir mitsamt unseres Geldes in einen gesicherten Briefschlitz einwerfen.
Auch am letzten Tag unseres Irland-Roadtrips wollen wir so weit wie möglich auf Autobahnen verzichten und wählen den Weg „über die Dörfer“ quer durch die Eifel und das Sauerland.
An einem Sonntagmorgen in der Eifel ein gemütliches Café zu finden ist gar nicht so leicht bis nahezu unmöglich. Eineinhalb Stunden irren wir durch die schöne Landschaft auf der Suche nach Kaffee, bis wir schließlich in der ehemaligen Bundeshauptstadt Bonn landen. Viertel nach zehn an den Rheinterrassen – Kaffee: Fehlanzeige. Erst beim Warten auf die Rheinfähre (Brücke wäre auch zu langweilig) hat der angrenzende Imbiss bereits geöffnet und verkauft uns eines dieser heißen, schwarzen Lebenselixiere. Der Tag ist gerettet. 🙂
Die Überfahrt mit der Rheinfähre Bad Godesberg – Niederdollendorf dauert keine fünf Minuten, der Zahlmeister ist hin und weg vom Didimobil, als er den Aufkleber für das Großglockner-Bullitreffen an der Windschutzscheibe sieht: Seit über zwanzig Jahren fahre er schon jedes Jahr mit seiner Familie nach Kals am Großglockner, und es werde dort niemals langweilig. Kurzzeitig hoffe ich, dass wir am anderen Ufer ankommen, bevor ihm einfällt, dass seine eigentliche Aufgabe das Ticketverkaufen sei, doch flink wie er ist schafft er es doch noch, in einer knappen Minute allen rund zehn Autofahrern noch vor dem Anlegen ein Ticket für 2,70€ zu verkaufen.
Durch Siegerland und Sauerland immer in Richtung Nordosten führt uns diese letzte Etappe entlang des Sieg-Nebenflusses Bröl durch eine landschaftlich sehr schöne, wenngleich touristisch eher unerschlossene Gegend Deutschlands. Und obwohl es noch gute 400 Kilometer bis in die schönste Stadt der Welt sind, haben wir kurzzeitig das Gefühl, uns verfahren zu haben, weist doch ein Wegweiser nach Büchen, was eigentlich nur eine halbe Stunde Fahrt von zu Hause entfernt ist:
Aber wenn es schon eine zweite Elbe gibt, warum dann nicht auch ein zweites Büchen? Kuriose Orte lernt das Didimobil auf eigentlich jeder Reise durch die Republik kennen.
Ein weiterer kurioser Ort sind die Externsteine im Teutoburger Wald bei Horn Bad Meinburg. Wie aus dem Nichts ragen die bis zu 40 Meter hohen Felsnadeln aus dem sonst eher unfelsigen Hügelland hervor. Gegen ein kleines Eintrittsgeld kann man die Externsteine sogar über Treppen und Brücken besteigen und die Aussicht von oben genießen, außerhalb der Öffnungszeiten ist eine Besteigung kostenlos.
Wir trinken noch einen letzten gemeinsamen Kaffee und genehmigen uns ein Stück „Abschiedstorte“ beim „Felsenwirt“ am Parkplatz der Externsteine, bevor wir uns – anfangs gemeinsam – um kurz vor 17 Uhr auf den direkten Heimweg machen. Eine gute halbe Stunde später erreichen wir die Autobahn A2, ab hier trennen sich unsere Wege. Der Feuerwehrmann überholt das Didimobil, ist schon sehr schnell nicht mehr zu sehen und eine gute Stunde früher wieder zu Hause.
Trotz Megabaustelle bei Walsrode kommt das Didimobil mit seinen 95 km/h „zügig“ voran, nach zwei Stunden ist die Hamburger Stadtgrenze erreicht und um halb neun nach 4.232 Kilometern, acht Fährfahrten, sieben bis neun Ländern (je nachdem, ob man die Isle of Man und Nordirland als eigenständige Länder bezeichnet), fünf Eishockeyspielen, vier verschiedenen Währungen (britisches Pfund, IOM-Pfund, Nordirisches Pfund, Euro), einem Fußballspiel und unendlich vielen Eindrücken später ist das Didimobil wieder zu Hause. In der nächsten Woche wird mein Schrauber des Vertrauens dann die Zylinderköpfe noch einmal nachziehen, er hatte sichtlich gute Arbeit geleistet, denn sie haben auch ohne Nachziehen mehr als 3.000 Kilometer länger gehalten als ursprünglich vorgesehen.