Montag, 22.04.2019
Das Wohnen an einer Bahnstrecke hat manchmal auch seine Vorteile, jedenfalls war es für meine Mitreisenden recht ungewohnt, dass zehn Meter neben dem Bulli morgens Züge vorbeirattern. Die Bahnstrecke hatten wir gestern abend gar nicht wirklich wahrgenommen, zum Glück hält sich das Verkehraufkommen hier sehr in Grenzen. Der Acht-Uhr-Zug und die Sonne treiben uns jedoch gemeinsam aus den Federn. Kurz das Stille Örtchen aufsuchen, Kaffee kochen und dann geht es ein Stück zurück zum Giant’s Causeway.
Der Giant’s Causeway, der Damm des Riesen, ist eine Ansammlung von bis zu 40.000, größtenteils sechseckigen Basaltsäulen. Der Legende nach baute einst der irische Riese Fionn mac Cumhaill einen Damm bis nach Schottland, um seinen schottischen Widersacher Benandonner in einem Duell zu besiegen. Da er sich allerdings nach dem Bau des Dammes zu erschöpft fühlte, trat er unverrichteter Dinge den Rückzug an. Benandonner bekam Wind davon und machte sich seinerseits auf den Weg über den Giant’s Causeway nach Irland, wo sich Fionn inzwischen vor Angst als Baby verkleidet hatte. Als der schottische Riese vor Fionns Haustür stand, öffnete ihm seine Frau und lud Benandonner auf eine Tasse Tee ein. Dort sah Benandonner den als Baby verkleideten Fionn, welcher die Größe eines ausgewachsenen Riesen hatte. Voller Schreck ob der vermutlichen Größe des Vaters ergriff Benandonner die Flucht zurück nach Schottland und zerstörte dabei den Damm, dessen Überreste seit 1986 zum UNESCO-Weltkulturerbe gehören.
Wir erreichen den Parkplatz um kurz vor neun Uhr. So früh am Morgen sind außer uns nur eine Handvoll Menschen hier, neben unseren Bullis stehen noch drei weitere Fahrzeuge auf dem Parkplatz. Über einen asphaltierten Weg gelangt man in 15 Minuten hinunter zum Giant’s Causeway. Geologen zufolge soll der Giant’s Causeway durch heiße Lava entstanden sein, die beim Abkühlen die markante eckige Struktur hinterlassen hat.
Giant’s Causeway zum Nulltarif
Der Zugang zum Giant’s Causeway ist kostenfrei, alternativ verkehrt ein kostenpflichtiger Shuttlebus vom Besucherzentrum am Parkplatz.
Leider wird leicht der Eindruck erweckt, der Giant’s Causeway koste Eintritt. Dem ist nicht so, denn nur das Besucherzentrum und der Parkplatz kosten Geld, und das nicht wenig. Wer vor 9 Uhr oder nach 18 Uhr auf den Parkplatz fährt, spart die 11,-£ Eintritt pro Person. Solltet Ihr während des Tages den Causeway besichtigen wollen, empfiehlt es sich, das Auto etwas weiter entfernt stehen zu lassen und ein Stückchen zu wandern.
Viele Schilder leiten die Besucher automatisch in das Besucherzentrum, auch hier wird einem für 11,-£ eine „Eintrittskarte“ verkauft (im Parkplatzticket inbegriffen). Wer sich die horrenden Eintrittspreise sparen möchte und auf das Besucherzentrum verzichten kann, geht durch den Durchgang daneben direkt zu den Steinen.
Wer dennoch sein Auto direkt am Eingang parken möchte, sollte dringend alle Mitfahrer vorher aussteigen lassen, da die Parkgebühren pro Person, die im Fahrzeug sitzen, abgerechnet werden.
Eine gute halbe Stunde verbringen wir an diesem mytischen Ort; als wir zurückgehen, kommen uns mehr und mehr Menschen entgegen. An den Bullis angekommen hat sich der Parkplatz – inzwischen mit Platzwart, der alle neu ankommenden Fahrzeuge abkassiert – merklich gefüllt, und auch der erste Touristen-Reisebus hat seinen Weg zu Nordirlands bekanntester Sehenswürdigkeit gefunden.
Entlang der Nordküste Nordirlands geht unser Roadtrip weiter gen Westen. Unser nächstes Ziel soll der Mussenden-Tempel, ein kleines, pagodenförmiges Gebäude direkt an der Kante der Klippen, sein. Leider wird uns die Zufahrt verwehrt, noch bis 12 Uhr findet auf dem Gelände heute eine private Osterfeierlichkeit statt. Aber wir könnten gerne später noch einmal wiederkommen.
Wir haben keine Lust, zwei Stunden zu warten und fahren weiter. Irgendwo etwas Frühstücken wäre eine gute Idee, und so halten wir Ausschau nach einem kleinen Strandlokal oder einem Pub oder, oder, oder. Leider vorerst vergebens.
Da das Wetter traumhaft ist, wollen wir mal wieder ein Stück mit der Fähre abkürzen. Von Magilligan gibt es eine kleine Fährverbindung ins irische Greencastle, die uns einen rund 30 Kilometer langen Umweg durch Londonderry erspart. Am Fähranleger befindet sich ein kleiner Pub direkt am weißen Sandstrand, doch leider hat dieser nicht geöffnet. An der Fähre staut sich bereits eine lange Autoschlange, einen Fahrplan können wir jedoch nicht finden. Scheinbar pendelt die Fähre regelmäßig hin und her.
Wir reihen uns in die elend lange Schlange der wartenden Fahrzeuge ein. Lange dauert es nicht, bis die Fähre tatsächlich kommt, doch dieses sehr kleine Exemplar ist dem Ansturm nicht gewachsen. Wir passen nicht mehr rauf und müssen daher eine gute halbe Stunde warten, bis sie wieder zurück ist.
Eine Fährfahrt bei herrlichstem Sonnenschein, und wieder überqueren wir eine unsichtbare internationale Grenze. Platz für ausgiebige Zollkontrollen im Falle eines Brexit gibt es auf keiner der beiden Seiten, von daher wird diese überaus gut frequentierte Verbindung bei einem Austritt Großbritanniens aus der EU vermutlich eingestellt werden müssen.
Unser nächstes Ziel ist Malin Head, der nördlichste Punkt der irischen Hauptinsel. Unterwegs zeigt Google den Steinkreis von Bocan an. Das liegt fast auf dem Weg und klingt interessant. Google Maps lotst uns über gewohnt schmale und schlechte Straßen, für die es wieder mal keine Nummern gibt; irgendwann weicht der Asphalt grobem Schotter und mitten in der Walachei haben wir das Ziel erreicht. Einziges Manko: Es ist weit und breit kein Steinkreis zu sehen, und Hinweisschilder gab es bislang auch noch keine.
Da der Feldweg, auf dem wir uns befinden, obendrein auch noch eine Sackgasse ist, drehen wir um, natürlich nicht, ohne weiterhin intensiv nach dem Steinkreis Ausschau zu halten. Nichts zu sehen. Egal, fahren wir eben weiter.
In Malin Town steht die Malin Bridge, eine zehnbögige Steinbrücke über den Ballyboe-Fluss aus dem Jahre 1758. Es soll sich dabei um die zweitlängste und nördlichste Brücke Irlands handeln.
Malin Town ist eine Planstadt mit knapp 100 Einwohnern in der Grafschaft Donegal. Der Ort wurde nach der Belagerung von Derry im Jahre 1689 um einen dreieckigen Dorfanger angelegt und hat bereits zwei Mal den Preis für das schönste Dorf Irlands gewonnen.
Wir finden in Malin Town ein kleines Café, wo wir auf der Veranda lecker Rührei frühstücken und es uns so richtig gut gehen lassen. Wir wissen heute überhaupt nicht, wo der Tag für uns enden wird, und so lassen wir uns Zeit und die Seele baumeln.
Eine knappe Stunde später sind wir dann doch wieder unterwegs, weiter zum nördlichsten Punkt der irischen Insel, Malin Head. In Slievebawn gibt es einen hübschen kleinen Hafen direkt neben einem feinen Sandstrand. Erinnert ein wenig an St.Ives in Cornwall, nur dass hier statt einer Stadt lediglich einer der typisch britischen Campingparks angrenzt.
Hier in Slievebawn entdecken wir rein zufällig auch den Hinweis auf einen weltbekannten Droiden, R2D2. Die Hauptstraße nach Malin Head, die R 242, wurde erst kürzlich ganz offiziell in R 2D2 umbenannt – in Anlehnung und als Ehrung des kleinen knuffigen Mechaniker-Druiden aus den „Krieg der Sterne“-Filmen. Hier bei Malin Head sowie in weiteren Teilen Irlands wurden große Teile der achten Episode von Star Wars gedreht.
Wir erreichen Malin Head, den nördlichsten, aber zugleich auch windigsten Punkt Irlands. Als Hamburger ist man Wind ja gewöhnt, aber hier haben selbst die Schafe heute definitiv keine Locken mehr, der Wind peitscht uns mit enormer Kraft um die Ohren, sodass man sich problemlos gegen den Wind lehnen kann ohne umzukippen. 😉 Heute sind es „nur“ Windböen der Stärke 10, regelmäßig werden hier Windgeschwindigkeiten über Orkanstärke bis hin zu mehr als 180km/h gemessen.
Am höchsten Punkt von Malin Head befinden sich neben der Wetterstation die Ruinen eines Wachturms aus dem frühen 19. Jahrhundert, der im Zweiten Weltkrieg als Aussichtsturm der Irish Defence Forces diente. Die Republik Irland beteiligte sich nicht am Zweiten Weltkrieg und galt als neutrales Territorum, und so legten die Iren hier am Malin Head aus Steinen das heute noch zu sehende Wort „Eire“, Irland, um den amerikanischen Flugzeugen zu signalisieren, dass sie gerade neutrales Gebiet überfliegen und den Weg bis ins umkämpfte Europa bald geschafft haben.
Inzwischen befinden wir uns auf dem Wild Atlantic Way, dem irischen Pendant zur nordirischen Causeway Coastal Route. Der über 2.500 Kilometer lange Wild Atlantic Way folgt den kleinen Straßen immer so dicht wie möglich an der Küste entlang und bietet Zeit zum Entschleunigen und Relaxen unterwegs. Neben der Beschilderung mit der stilisierten weißen Wellenlinie auf blauem Grund folgt auch noch ein braunes Schild mit einer Spirale darauf unserer Route: Der Inis Eoghain 100, eine 100 Meilen lange Ringstraße auf der Inishowen Peninsula.
Generell macht das Autofahren in Irland Spaß. Zwar sind die Straßen ähnlich wie in Großbritannien in einem erbärmlichen Zustand, dafür herrscht gerade auf den Nebenstraßen nur sehr wenig Verkehr und die Landschaft ist mehr als abwechslungsreich. Hier steht auch heute noch das Reisen im Vordergrund, nicht das Ziel.
Hinter jeder Kurve ändert sich die Landschaft, mal sind es endlose Weiten, dann plötzlich schroffe Felsen und wieder etwas weiter eröffnen sich herrliche Weitblicke auf Dünenlandschaften und lange Sandstrände mit tiefblauem Wasser.
Weiter schlängeln sich der Wild Atlantic Way und der Inis Eoghain 100 entlang der Küste, irgendwann befinden wir uns auf Meereshöhe direkt an dem kleinen Meeresarm, der nach Malin reicht. Neben dem schmalen Sandstrand und dem herrliche blauen Wasser begegnen uns hier immer wieder die Irischen Schafspalmen und versetzen uns gefühlt um mehrere tausend Kilometer weiter nach Süden.
Wir folgen dem Wild Atlantic Way die Westküste der Inishowen Halbinsel entlang zurück nach Malin Town, wo wir über die bereits erwähnte Malin Bridge den Ballyboe River überqueren. Auf der anderen Seite des Atlantikarmes liegt das Doagh Famine Village, ein Museumsdorf, welches über die wechselvolle und schicksalsgeprägte Geschichte Irlands informiert.
Der Partkplatz des Doagh Famine Village befindet sich direkt am breiten Sandstrand des Atlantiks. Derzeit ist auch hier Ebbe, bei Flut reicht das Wasser mehrere Hundert Meter weiter an das Ufer heran. Badende sieht man hier jedoch nicht: Ein verhältnismäßig kalter Wind weht noch immer recht kräftig, und auch die Wassertemperatur wird gerade mal am zweistelligen Gradbereich kratzen.
Das Doagh Famine Village besteht aus mehreren traditionellen irischen Häusern aus unterschiedlichen Zeitepochen. Im Eintrittspreis von 10,-€ sind ein Heißgetränk und ein Scone im Café gegenüber inklusive. Wir bezahlen und bekommen statt einer Eintrittskarte einen Gutschein, und werden sogleich erst einmal zum Kaffeetrinken geschickt.
Auch ohne Eintrittskarte dürfen wir frisch gestärkt das Museumsdorf betreten. Die einzelnen Häuser sind noch mit der spärlichen Einrichtung ausgestattet, mit der bis in die 1970er Jahre die Dorfbevölkerung gelebt hat, ehemalige Bewohner erzählen hier als Guides von dem entbehrlichen Leben im ländlichen Irland vor 50 Jahren, als anderswo in Europa die Moderne bereits längst Einzug gehalten hatte.
Eine weitere Ausstellung erzählt die Geschichte der großen Hungersnot, während welcher Irland in der Mitte des 19. Jahrhunderts rund ein Drittel seiner Bevölkerung durch Tod oder Emmigration einbüßte. Auch das ewige Thema des seit Jahrhunderten schwelenden Religionskonfliktes wird hier angesprochen.
Inzwischen ist es 17 Uhr, Google kennt einen Campingplatz ganz in der Nähe. Ansonsten sind die nächsten eingezeichneten Plätze knapp 100 Kilometer entfernt. Wir versuchen also unser Glück. Der nahegelegene Campingplatz entpuppt sich vor Ort als völlig abgelegen und leicht heruntergekommen, und besteht fast ausschließlich aus den üblichen Mobilhäusern. Uns sagt es hier überhaupt nicht zu, und so machen wir uns auf den Weg auf die andere Seite des Lough Swilly auf die Halbinsel Fanad.
Hier finden wir auf dem Rockhill Holiday Park ein Plätzchen mit allem drum und dran, und im Pub um die Ecke gibt es sogar bis spät abends Livemusik. Statt klassischem irischen Folk jedoch eher auf Einheimische und Touristen gleichermaßen zugeschnittenen „Helene Fischer“-Style, der uns nicht wirklich vom Hocker haut und uns gegen 23 Uhr den Heimweg antreten lässt.
Hi,
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Cheers and a big sorry for the inconvenience,
Didi 🙂