Kroatien
Freitag, 20.07.2018
Der Campingplatz in Belavići liegt neben einem kleinen Fluss, ich habe sehr gut geschlafen und bin von selber aufgewacht. Ganz so warm wie in Linz ist es hier morgens noch nicht. Die Uhr geht langsam auf zehn zu, und ich sagte dem Sohn, ich sei heute abend um 19 Uhr in Split. Also schnell zur Dusche und frisch machen, im Restaurant gönne ich mir noch einen Kaffee. Gute 300 Kilometer sind es laut Google noch bis Split, ich habe gestern weit mehr Strecke geschafft als gedacht. Fünf bis sechs Stunden Fahrt rechne ich ein, ich habe also genügend Zeit.
Um elf Uhr verlasse ich den Campingplatz. Über kleine Nebenstraßen gelange ich zur Bundesstraße D1, welche in einem Abstand von rund 30 Kilometern größtenteils parallel zur mautpflichtigen Autobahn A1 verläuft. Etwa 80,-€ kostet eine Fahrt auf der kroatischen Autobahn von Nord nach Süd, das Didimobil schafft maximal 95km/h und die Bundesstraße D1 ist wenig befahren und erlaubt ein ebenso zügiges Vorankommen.
Nach rund einer Stunde wecken Parkplätze, Informationstafeln und eine handvoll Touristen meine Aufmerksamkeit. Ich biege auf eine kleine Parallelstraße ab und finde direkt einen Parkplatz am Straßenrand. Vom benachbarten Fußweg schaue ich in einen kleinen Canyon und auf einen stattlichen Wasserfall, der von einem kleinen Fluss gespeist wird. Dieser weist ebenfall mehrere kleine, kaskadenförmige Wasserfälle in seinem Verlauf auf und trennt zwei bebaute Grundstücke voneinander.
Ich bin in Rastoke gelandet, einem kleinen Ort aus dem 17. Jahrhundert am Zusammenfluss der beiden Flüsse Slunjčica und Korana, wobei die Slunjčica über insgesamt 23 Wasserfälle in die rund zehn Meter tiefer gelegene Korana fließt. Etliche Wassermühlen haben sich in den vergangenen Jahrhunderten dort angesiedelt. Ein wenig erinnert der Ort an eine Mischung aus den Plitvicer Seen und Jajce. Leider ist der Parkplatz gebührenpflichtig, und der Parkscheinautomat lässt sich nur mit kroatischen Kuna füttern, welche ich (noch) nicht habe. Von daher wird eine intensivere Besichtigung dieses Ortes ebenfalls auf die „To Do“-Liste gesetzt.
Auf der anderen Seite des Flusses wird das Didimobil vollgetankt, erstmals wieder mit Hilfe des auf dem Balkan noch immer alltäglichen Tankwartes. Es ist halb zwölf, noch 250 Kilometer bis Split. Ich fahre vorbei an den Plitvicer Seen, der Touristenansturm hat im Vergleich zu 2016 nicht abgenommen. Beide Großparkplätze sind wegen Überfüllung gesperrt und ich bin froh, einfach weiterfahren zu können.
Die Landschaft hier im Inneren Kroatiens ist weit und eintönig. Bei Gračac stehe ich vor der Wahl: Rechts herum oder links herum? Ich bin überraschend schnell durchgekommen, es ist erst 14 Uhr und nur noch knapp 150 Kilometer oder zwei Stunden (lt. Google).
Ich fahre ein Stück Richtung Knin, nach etwa fünf Kilometern soll es eine Tropfsteinhöhle zu besichtigen geben, sagt ein Hinweisschild. Tatsächlich gibt es dort einen kleinen Parkplatz und ein Kassenhäuschen, viele Informationen findet man hingegen nicht. Ich schaue ins Internet: Sehr sehenswert sollen sie sein, die Cerovac-Höhlen, und touristisch noch relativ unerschlossen. Kommt ebenfalls auf die „To Do“-Liste, denn Aufstieg und Besichtigung sollen rund vier Stunden dauern, und bei über 30 Grad im Schatten ist mir nicht danach, noch einige hundert Höhenmeter den Berg bis zum Höhleneingang hinaufzukraxeln.
Ich fahre zurück nach Gračac und wähle die südliche Route ans Meer Richtung Zadar. Nach dem Überqueren eines Gebirgspasses eröffnet sich ein phantastischer Blick über die Hochebene über dem Krupa Canyon. Auf einer Umgebungstafel an einem kleinen Rastplatz ist eine Brücke über den kleinen Kartsfluss Krupa sowie ein Kloster eingezeichnet. Da ich weiterhin sehr gut in der Zeit liege, versuche ich trotz sehr schwachem Internetsignal die beiden Orte zu finden.
Die Krupa hat einen sehr tiefen und engen Canyon in das Karstgestein gegraben, ein kleiner Wegweiser zur Krupa Most führt einen guten Kilometer weg von der eigentlichen Straße, bis auch dieser Weg in einer Sackgasse endet. Knapp zwei Stunden Fußweg weist der Wegweiser für Wanderer aus, ein Fluss ist weit und breit nicht zu sehen. Ich versuche es an einer anderen Stelle, auch hier ist Sackgasse und es geht nur noch zu Fuß weiter. Tief unten im Canyon bietet sich von hier allerdings ein kurzer Blick auf die Krupa: Wunderschön sieht sie aus, aber zwei Stunden hinunterlaufen und hinterher zwei Stunden wieder hinauf sprengt erstens meinen Zeitplan und zweitens meine Motivation. Die „To Do“-Liste wächst dafür unaufhaltsam.
Ein paar Kilometer weiter erreiche ich das serbisch-orthodoxe Kloster Krupa aus dem Jahre 1133. Es liegt malerisch wie in einer Oase am Fluss Krupa, unweit des gleichnamigen kleinen Ortes. Ich parke das Didimobil unter schattenspendenden Bäumen und genieße die Ruhe und Abgeschiedenheit hier unten.
Mit Hilfe eines alten, künstlichen Bewässerungssystems aus wasserführenden Gräben wird der Boden um das Kloster herum fruchtbar gemacht:
Von Google lasse ich mich weiter führen Richtung Split. Zweieinhalb Stunden noch, sagt die freundliche Tante, an deren Stimme ich mich noch immer nicht gewöhnt habe, oder 127 Kilometer. Es ist kurz vor 16 Uhr, ich liege also noch immer gut im Zeitplan.
Unterwegs führt mich die Google-Tante wie gewohnt über die kleinsten Nebenstraßen und Schleichwege. Mal Schotter, mal Asphalt, aber immer mit Schlaglöchern und tierischen Hindernissen auf der Straße. 30 Kilometer geht das so, bis ich wieder eine ordentliche Landstraße erreiche.
Wieder auf einer „vernünftigen“ Straße komme ich am Fluss Krka vorbei. Dieser bildet hier, südlich von Knin, einen herrlichen, türkis-grün schimmernden See mit ein paar kleinen Wasserfällen. Im weiteren Verlauf des Flusses soll es noch mehrere sehenswerte Wasserfälle geben, ähnlich den Plitvicer Seen, jedoch bin ich hier weit und breit der einzige Mensch. Also ab auf die „To Do“-Liste. 😉
Die weitere Fahrt verläuft unspektakulär. Der Junior residiert in einem Apartment in Strobeč, einem Vorort rund zehn Kilometer östlich von Split. Am Flughafen von Split ist erst einmal Verkehrsstau, danach gelange ich über eine Schnellstraße in guten zwanzig Minuten nach Strobeč. Unterwegs eröffnen sich „tolle“ Blicke auf die Hafenstadt Split, und von dem, was ich sehe, bin ich entsetzt: ein grauer kommunistischer Wohnbunker neben dem Nächsten, Brutalismus, wohin das Auge reicht. Kaum Grün, ich erspähe so gut wie nichts Schönes. Ich bin noch gar nicht ganz da und möchte am Liebsten schon gleich wieder weg.
Um 18:30 erreiche ich den Campingplatz in Strobeč, die Umgebung macht einen ungepflegten Eindruck und der Campingplatz ist wahnsinnig voll. Ich gehe zur Rezeption: Alles ausgebucht, der Junior hatte nicht geschaut, ob es einen Platz für mich gibt. Die nächsten Campingplätze sind gute zwanzig Kilometer entfernt, durch den ewigen Stau auf der Küstenstraße schlägt Google 45 Minuten vor. Ich bin leicht angefressen und enttäuscht, hatte ich mich doch eigentlich sehr auf den gemütlichen Abend bei einem kühlen Bier gefreut.
Ich rufe den Sohn an, er kommt mit seinem Kumpel kurz darauf zum Didimobil. Ich könnte theoretisch auf dem Parkplatz seines Apartments stehen, jedoch ist der von einem sehr niedrigen Weinrankengerüst überdeckt, wo das Didimobil nicht drunter passt. Dankenswerter Weise bemüht sich der Vermieter um eine Lösung. Da auch in Kroatien gerade Schulferien sind, solle ich mich einfach auf den Schulparkplatz stellen. Das gehe schon in Ordnung, so der Vermieter. Eigentlich ist in Kroatien Wildcampen nicht gestattet und ich habe ein ungutes Gefühl, dennoch lasse ich mich darauf ein. Wir parken das Didimobil an der Schule und gehen den knappen Kilometer zurück zur Promenade, wo wir dann doch noch einen sehr schönen Abend bei dem nicht so guten kroatischen Bier und um so besserem Staropramen verbringen. Gegen Mitternacht bringen die Beiden mich noch zum Didimobil, wo wir uns alle drei an die Verkostung der zahllosen im Didimobil befindlichen Schnäpse machen, was sich am nächsten Morgen ein wenig rächen soll.
Split
Samstag, 21.07.2018
Um kurz nach sieben bruzzelt mich die erbarmungslose Sonne aus dem Bett. Ansich habe ich gut geschlafen; ob das an den Schnäpsen lag oder der Seeluft geschuldet ist, vermag ich nicht zu sagen. Einzig der Kopf macht sich ein wenig bemerkbar. Ich setze mich nach unten in die „Lounge“, wo ich alle Fenster und die Schiebetür öffne. Ein angenehmer Luftzug weht durch das Didimobil, so lässt es sich aushalten. Interessieren für den teutonischen Camper tut sich indes niemand der Vorbeikommenden.
Um zehn geben die beiden Jungs ein Lebenszeichen von sich, ich darf bei ihnen im Apartment duschen. Langsam packe ich meine Sachen in den Rucksack und verschließe das Didimobil. Bis auf die Dachluke, die bleibt offen. 15 Minuten später bin ich am Apartment, die beiden Jungs waren erst kurz vor Sonnenaufgang im Bett und die Schnäpse merken auch sie noch deutlich.
Nach einem leckeren Frühstück wollen wir gemeinsam mit dem Linienbus nach Split fahren, die Stadt soll ansich ganz schön sein. Mit Busverbindungen hat man es hier besonders am Wochenende allerdings nicht so, daher müssen wir eine knappe Stunde auf den nächsten Bus warten. Wir vertreiben uns die Zeit mit einem kleinen Bummel entlang der Promenade und Didi hat Zeit, etwas kroatisches Geld zu besorgen.
Um kurz vor eins kommt der Bus endlich. Ähnlich wie letztes Jahr in Tschechien ist es auch hier empfehlenswert, während der Fahrt einen Helm zu tragen. Jedenfalls klappert das altersschwache Vehikel an allen Ecken und Kanten und man muss Angst haben, dass einem irgendwann ein Stück Deckenverkleidung auf den Kopf fällt. Ähnlich marode wie der Linienbus sind die Gebäude auf dem Weg in die Stadt. Fans des Brutalismus kommen hier voll auf ihre Kosten.
An der Hafenpromenade ändert sich zum Glück das Antlitz der Stadt. Es wimmelt von Touristen, entlang der Promenade (Riva) mit unzähligen Cafés und Restaurants zieht sich Front der Ruine des Diokletianpalastes, der den Kern der historischen Altstadt bildet. Wir genehmigen uns ein sehr leckeres Eis und schlendern durch die verwinkelten Gassen der Altstadt; der Junior und sein Kumpel wollen die Aussicht vom Kirchturm des Sankt Dominus Doms genießen, stossen aber auf einen mehr als unfreundlichen Eintrittskartenverkäufer, dass ihnen die Lust darauf vergeht.
Langsam zieht vom Meer her ein kräftiges Gewitter auf. Ich erinnere mich daran, die Dachluke des Didimobils offen gelassen zu haben und male mir aus, wie sich innerhalb kurzer Zeit aus meinem „Wohnzimmer“ ein Aquarium entwickelt. Da der nächste Bus zurück sowieso erst in einer guten Stunde fährt bleibt mir nichts anderes übrig, als den tiefschwarzen Wolken beim Ziehen Richtung Strobeč zuzusehen. Die beiden Jungs sind ebenfalls noch ziemlich groggy vom gestrigen Abend, sodass wir die Zeit bis zum Bus bei einem Café auf der Riva verstreichen lassen.
Gegen 17 Uhr sind wir wieder zurück, ich hole meinen Rucksack aus dem Apartment und gehe zum Didimobil, die beiden Jungs wollen ebenfalls noch eine Runde schlafen. Angeblich hat es trotz düsterer Wolken in Strobeč nicht geregnet, ich lasse mich überraschen. Das Didimobil ist tatsächlich trocken!
Ich lümmel mich bei offenen Fenstern ins Didimobil und schlafe ebenfalls ein gutes Stündchen; um 20 Uhr haben wir uns zum Essen in der örtlichen Pizzeria verabredet. Ich versuche beide Jungs zu überreden, morgen mit nach Albanien zu kommen. Abgeneigt sind sie nicht, aber ein bereits gebuchter und nicht stornierbarer Städtetrip in der folgenden Woche setzt ihnen einen Zwangspunkt, wie geplant am Montag wieder nach Hause zu fliegen.
Gegen 23 Uhr verabschieden wir uns, diesmal ohne Schnaps. Es waren zwei schöne Tage mit den Beiden, allerdings hat Split mich ganz und gar nicht überzeugen können. Obwohl es durchaus schöne Ecken gibt, ist es mir persönlich ein wenig zu verfallen, es riecht an viele Ecken sehr unangenehm und die schiere Masse an (Kreuzfahrt)touristen mindert die Aufenthaltsqualität in meinen Augen massiv.