Kultur im Schnelldurchlauf
Sonntag, 21.08.2016
Wie auch schon die letzten Tage weckt mich die Wärme gegen halb neun. Ich stehe auf, dusche mich und bekomme zum Abschied sogar noch einen Café Frappé von den netten Gastgebern ausgegeben.
15 Minuten dauert die Fahrt nach Berat, einer weiteren Museumsstadt mit gut erhaltener Altstadt.
Mit knapp 40.000 Einwohnern zählt Berat zu den größeren Städten des Landes, wirtschaftlich hingegen bieten sich seit dem Zusammenbruch des Kommunismus und der einhergehenden Stillegung der meisten Fabriken kaum Perspektiven. Von daher setzt die seit 2008 zum UNESCO-Weltkulturerbe gehörende Stadt vermehrt auf den Wirtschaftszweig des Tourismus, der wie im gesamten Rest des Landes nur sehr schleppend in Gang kommt.
Berühmt ist die 1961 zur Museumsstadt ernannte Altstadt für seine Häuser im osmanischen Baustil beiderseits des Osum-Flusses, deren große Fensterfronten allesamt Richtung Fluss ausgerichtet sind. Daher rührt auch der Beiname Stadt der 1.000 Fenster.
Hoch über der Stadt thront eine alte Festungsanlage. Bei Temperaturen um 35°C bereits morgens um halb elf habe ich jedoch keine Motivation, den steilen, gut 100 Meter hohen Berg zu erklimmen. Stattdessen genehmige ich mir einen Kaffee und einen Fruchtsaft in einem der unzähligen Straßencafés in der sehr gepflegten Fußgängerzone.
Generell macht Berat – wie die meisten anderen Orte Albaniens – einen sehr grünen und gepflegten Eindruck, was zu einer gefühlt recht hohen Aufenthaltsqualität führt.
Gegen Mittag mache ich mich wieder auf den Weg Richtung Norden. Google Maps verrät mir, dass die historische Ausgrabungsstätte Apollonia ganz in der Nähe der Kreisstadt Fier liegen soll. Das ist quasi fast auf dem Weg, und so fahre ich die Straße zurück nach Fier vorbei an dem Haus, das aussieht wie ein Schiff, quer über einen Wochenmarkt, der gerade mitten auf der Hauptstraße aufgebaut wird und vorbei an den maroden Ölfeldern des Landes, welches Öl für Devisen verkauft und später für viel Geld wieder importiert und teuer an seine Bevölkerung verkauft.
Fier selber scheint nicht viel zu bieten zu haben. Im Zentrum befindet sich eine große Weltkugel auf einem Kreisverkehr, und das Rathaus mutet in seiner Bauart ein wenig imperialistisch-amerikanisch an.
Bemerkenswert in Fier sind erneut die völlig konfus quer durch die Luft verlaufenden Stromleitungen. Ein Alptraum für jeden Elektriker. 🙂
Etwas außerhalb am Rande der fruchtbaren Myzeqe-Ebene, dem wichtigsten landwirtschaftlichen Anbaugebiet Albaniens, befinden sich die Überreste der im 6. Jahrhundert vor Christus gegründeten Stadt Apollonia, die spätestens im 6. Jahrhundert nach Christus aufgrund sich verändernder topographischer Begebenheiten wieder verlassen wurde.
Bis zu 60.000 Menschen wohnten zu Hochzeiten in der illyrischen Stadt, die mal unter griechischer, mal unter italienischer Herrschaft stand.
Gegen halb drei verlasse ich auch die antike Ruinenstadt wieder und begebe mich langsam aber sicher auf die Rückreise. Im Vergleich zu den letzten Tagen ist die Fahrt über die Autobahn Richtung Tirana eine Wohltat; an Menschen, die die Autobahn überqueren oder auf den Bus warten und an Gegenverkehr auf dem Standstreifen habe ich mich inzwischen gewöhnt.
In Tirana verfahre ich mich promt, da die Ausfahrt Richtung Shkodër keine Beschilderung besitzt. So lande ich prompt eine Ausfahrt weiter beim CityPark-Einkaufszentrum und beschließe, noch einmal auf einen Kaffee bei Luans Bar vorbeizuschauen. Er freut sich sehr, mich noch einmal wiederzusehen, und der Kaffee hält wach für die restliche Etappe bis nach Shkodër.
Am Flughafen vorbei geht es weiter Richtung Norden. In Barbullush soll es einen tollen Campingplatz geben, der jedoch gar nicht so einfach zu finden ist. Leider hat das Restaurant geschlossen, die nächste Essensmöglichkeit ist einen guten Kilometer entfernt. Ich beschließe, das zweite Mal in Albanien selber zu kochen. Als die Sonne bereits untergegangen ist, mache ich es mir mit einem Bier vor dem Didimobil bequem, da werde ich von einer Gruppe Polen von gegenüber auf einen Vodka eingeladen. Der Abend wird lang, aus einem Vodka werden viele.
Ich möchte dieses wunderbare Land morgen nicht verlassen. :'(