Das Abenteuer beginnt
Samstag, 30.07.2016
Um ehrlich zu sein, schob ich den Beginn der ersten großen Reise, die ich allein unternehmen sollte, vor mir her. Am Montag, dem 01.08.2016, soll bei Freunden in Linz das Eishockey-Training beginnen. Dort hatte ich bereits zugesagt und somit einen Zwangspunkt geschaffen. Erfahrungsgemäß braucht das Didimobil zwei Tage für die rund 1.000 Kilometer.
Ein zweiter Zwangspunkt soll ein weiteres Eishockey-Event werden: Vom 26.-28.08.2016 findet der Napoleon-Cup im französischen Amiens statt, wo unsere Freunde von den Nottingham Panthers zu Gast sein werden und ich bereits eine Eintrittskarte geordert habe – und Freunden aus Hamburg versprochen, dort zu erscheinen.
Vier Wochen soll die Tour nun also gehen, eigentlich kann man den gesamten Kleiderschrank einpacken. Das erste Mal bin ich etwas erleichtert, den Bulli und dessen eher begrenzten Stauraum für mich alleine zu haben. Die Nacht schlafe ich unruhig: Habe ich an alles gedacht? Alle Papiere dabei? Reicht tatsächlich der deutsche Personalausweis für die gesamte Reise? Fragen über Fragen, Gedanken über Gedanken.
Mittags um zwölf ist das Didimobil endlich voll beladen. Vier Sixpacks heimisches Astra und die obligatorische Kiste Fritz Kola sind an Bord. Es kann losgehen. Doch wohin, und welche Route? Aufgrund politischer Gründe möchte ich ungerne durch den Osten der Republik fahren, dennoch entschließe ich mich zur Standard-Route entlang der B4 über Lüneburg und Uelzen Richtung Braunschweig.
Etwas wehmütig aufgrund des fehlenden Beifahrers entscheide ich mich dennoch, am Abend den inzwischen obligatorischen Wohnmobilstellplatz beim Brauereigasthof Reichold in Hochstahl in der Fränkischen Schweiz aufzusuchen; der kürzeste Weg führt also doch durch den Harz und über den Rennsteig quer durch ostdeutsche Lande. Was solls, der Tank ist voll und Verpflegung genug an Bord, sodass man dort wenigstens ohne Umsatz machen zu müssen hindurchfahren kann.
Die Rennsteigautobahn punktet wie immer durch eher geringes Verkehrsaufkommen gegenüber der A7 über die Kassler Berge und bildet zusammen mit der B4, auf dessen ehemaliger Strecke sie teilweise verläuft, eine der kilometermäßig kürzesten Verbindungen von Hamburg nach Franken.
Bei Coburg muss man die Autobahn verlassen, um hinein in das Herz der Fränkischen Schweiz nach Hochstahl zu gelangen. Ohne Navigationssystem bis heute eine Herausforderung. 😉
Nach guten acht Stunden und mehr als 50 Kilometer an Umleitungen erreiche ich gegen 20 Uhr mein heutiges Tagesziel. Bei schönem Sommerwetter schmeckt das lokale Zwickel hervorragend und wird durch ein leckeres Jägerschnitzel abgerundet. Ich beobachte ein wenig das Treiben an den Nachbartischen, nehme mir noch ein Bier mit ins Didimobil und gehe ungewöhnlich früh ins Bett.
Depperte Ortsnamen und schlechtes Wetter
Sonntag, 31.07.2016
Auch wenn man alleine mit dem Bulli unterwegs ist stellt sich die Frage: Schlafe ich oben oder unten? Während das Bett oben angenehm weich ist, wird es unten nicht so schnell warm, wenn morgens die Sonne auf das Autodach scheint. Dafür ist es oben dunkler, und so entschied ich mich für die Koje im Dach. Zu heiß wurde es über Nacht nicht, dafür ist es irgendwie unangenehm, bei Gewitter direkt unter dem Dach zu schlafen. Zum Glück verzog es sich relativ schnell wieder, hinterließ jedoch eine Menge Wolken, sodass zumindest die Sonne einen nicht aus dem Bett locken konnte.
Gegen 11 Uhr mache ich mich auf den Weg ins 200 Kilometer entfernte Laberweinting bei Straubing, wo ich mich am Abend mit einem Eishockeyfreund aus der Gegend verabredet habe. Bewusst ohne Navi geht es durch die wunderschöne Fränkische Schweiz, die einen immer wieder aufs Neue mit kuriosen Ortsnamen überraschen kann. Hier nur eine kleine Auswahl:
Von Hartenreuth nach Wichsenstein. Idealer Familienausflugsort, denn in dem Ort mit dem leicht anrüchigen Namen gibt es einen gleichnamigen Aussichtspunkt. Vom 587,8 Meter hohen Wichsenstein hat man einen wunderbaren 360°-Rundumblick über die Hügel der Fränkischen Schweiz.
Weiter geht die Fahrt durch malerische Ortschaften und vorbei an schroffen Felsformationen Richtung Regensburg, wo es kurz vor der Stadt stark zu regnen beginnt und es mich dann doch entgegen meiner Planungen auf die Autobahn verschlägt.
Hinter Landshut entwickelt sich aus dem typisch hamburgischen Schietwetter ein beachtlicher Regensturm. Innerhalb von Minuten steht die komplette Straße unter Wasser, sodass dieses teilweise bis an die Unterkante des Didimobils reicht. Lust zum Aussteigen habe ich nicht mehr, und so steuere ich direkt den sehr abgelegenen Wohnmobilstellplatz in Hart bei Laberweinting an.
Der Waldgasthof Hart liegt abseits aller großen Hauptstraßen, ein paar Kilometer entfernt vom nächsten Ort und der Mobilfunkempfang ist mehr als dürftig. Dennoch bietet er ein ruhiges Plätzchen am Waldesrand für die Nacht und ein vorzügliches Wirtshaus mit fairen Preisen und leckerem Bier.
Zum Abend hin klart das Wetter wieder auf. An der Straße oberhalb des Gasthauses hat man ein schwaches Internetsignal, sodass ich dort die Facebook-Reiseseite aktualisieren kann und auf meinen Eishockeyfreund warte. Wir essen gemeinsam zu Abend und lassen bei einem frischen Hefeweißbier den Abend ausklingen.
Happy Birthday, Didimobil ♥
Montag, 01.08.2016
Dass Montage auch angenehm beginnen können, zeigte sich heute. Blauer Himmel, strahlender Sonnenschein und komplett ausgeschlafen beginnt der Tag mit einem kleinen Frühstück im Gasthof. Weit hatbe ich es heute nicht, bis nach Linz sind es nur knapp 200 Kilometer und der Saison-Trainingsauftakt der Black Wings beginnt erst um 19 Uhr. Für das Didimobil hingegen soll dies ein besonderer Tag werden: Die 300.000-Kilometer-Marke wird nach wenigen Kilometern überschritten. Happy Birthday, Didimobil. 😀
Gemütlich geht die Fahrt zur A92 und weiter über die A3 bis nach Passau. Auch im Vorbeifahren beeindruckt die Stadt, der wir letztes Jahr einen Besuch abstatteten, immer wieder.
Zwar sind es nur acht Euro, die eine Wochenplakette für die österreischischen Autobahnen kostet, allerdings sieht man mehr von Land und Leuten, wenn man über Landstraßen fährt. Außerdem hat Österreich innerhalb des Schengen-Raumes seit einigen Monaten wieder angefangen, Grenzkontrollen einzuführen, was zu Wartezeiten von teilweise über einer Stunde gerade an den – eigentlich längst abgeschafften – Autobahngrenzübergängen führt. Drittens macht die Autobahn nach Linz einen gut 30 Kilometer langen Umweg im Vergleich zu den Landstraßen, und wirklich schneller ist das Didimobil auf der Autobahn sowieso nicht.
So wird die deutsch-österreichische Grenze bei Oberkappel überquert – kein Grenzposten weit und breit zu sehen, im Radio wird von Wartezeiten an der Grenze bei Salzburg von 75 Minuten gesprochen. Einfach nur peinlich, was sich Österreich da für einen blinden Aktionismus leistet.
„Da lachen ja die Hühner“, könnte man dabei denken. Interessanter Weise durchquerte das Didimobil auf der Landstraße einen Ort mit einem recht merkwürdigen Namen: Dort lachen die Hühner nicht, sie schreien lieber: Hühnergeschrei steht auf dem Ortsschild. 😉
Von Hühnergeschrei ist es nicht mehr weit bis nach Ottensheim, wo es einen kleinen Campingplatz mit Wohnmobilstellplatz geben soll. In der Tat befindet sich im Ortsteil Höflein ein altes Gehöft, auf dessen Hinterhof man ruhig neben einer Tennishalle für 10,-€ pro Nacht inkl. Strom und Dusche stehen kann. Mit dem Linienbus sind es etwa 20 Minuten bis in die Linzer Innenstadt.
Am Nachmittag kann ich in der Linzer Innenstadt die ersten Eishockeyfreunde begrüßen und gemeinsam wohnen wir der Saisoneröffnung bei. Wie immer ein gelungener Tag/Abend in Linz. Ab nun soll die eigentliche Reise beginnen.
Zitat: „So wird die deutsch-österreichische Grenze bei Oberkappel überquert – kein Grenzposten weit und breit zu sehen, im Radio wird von Wartezeiten an der Grenze bei Salzburg von 75 Minuten gesprochen. Einfach nur peinlich, was sich Österreich da für einen blinden Aktionismus leistet.“
Den blinden Aktionismus leisten sich ja die Deutschen mit ihrer Grenzkontrolle, nicht die Österreicher!
LG, Clemens