Llanfairpwll gwyngyllgogery chwyrndrobwll llantysilio gogogoch
Mittwoch, 08.04.2015
Schlafen konnten wir heute dank blökender Wollproduzenten auf der Nachbarwiese nicht wirklich lange. Das hat man nun davon, wenn man unbedingt „naturnahen Urlaub“ machen möchte.
Es scheint ein sonniger Tag zu werden, dennoch ist es morgens noch durchaus kalt, was sich insbesondere im nicht geheizten Sanitärgebäude bemerkbar macht. Die heiße Dusche mag man gar nicht wieder verlassen.
Der Sohn fühlt sich auch schon wieder etwas besser und so beschliessen wir, uns in Ruhe die alte Festungsstadt Conwy anzuschauen, an dessen Burg wir gestern bereits vorbeigefahren sind.
Wir stellen das Didimobil auf dem großen Besucherparkplatz an der noch komplett erhaltenen Stadtmauer ab und beginnen mit einem kleinen Stadtbummel auf der Suche nach einem Bäcker.
Nachdem wir uns mit etwas Proviant eingedeckt haben, gehen wir zum Hafen. Dort ist mal wieder Ebbe, viele Boot liegen auf dem Trockenen. Das kleinste Haus hat leider noch geschlossen, sieht mit seinen knapp 5m² Grundfläche aber auch von außen schon beeindruckend klein aus.
Wir erklimmen die Stadtmauer und machen einen Rundgang vom Hafen bis zur Burg. Von der Mauer hat man einen wunderbaren Blick auf die Dächer der kleinen Stadt.
Interessanter Weise ist die Stadtmauer frei begehbar, einzig einige Hinweisschilder warnen vor den möglichen Gefahren. Eine Tafel zeigt unserer Meinung nach sogar den Tagesablauf von Personen auf, die das Pech magisch anziehen.
Langsam gehen wir wieder zurück zum Didimobil, als wir von oben in einem der unzähligen winzigen Hinterhöfe einen weiteren Bulli entdecken. Ihr wisst schon, die Engländer und Bullis… 😉
Weiter geht es entlang der Conwy Bay, jedoch Didimobil-like über den Sychnant-Pass anstatt über die schnöde Küstenautobahn, schließlich ist der Weg ja das Ziel.
Waliser müssen ein sehr trinkfreudiges Völkchen sein, haben wir beschlossen, denn eine andere Erklärung für die Findung von Ortsnamen konnten wir beim besten Willen nicht finden.
In Penmaenmawr müssen wir dann doch ein Stückchen entlang der Autobahn fahren, um anschließend über die von Eisenbahnpionier Robert Stephenson gebaute Britannia-Bridge nach Anglesey zu gelangen. Oben besteht sie aus einer klobigen Steinkonstruktion, darunter befindet sich eine Stahlgitterbrücke, auf der die Eisenbahn eine Etage tiefer verkehrt.
Auf der anderen Seite der Brücke befindet sich das erste Hinweisschild auf den Ort, der auf keiner Wales-Rundreise fehlen darf. Allerdings ist hier nur die Kurzform angegeben. Wir folgen der A5 nach links.
Llanfairpwllgwyngyllgogerychwyrndrobwllllantysiliogogogoch heißt der Ort mit vollständigem Namen und hat sogar einen Bahnhof. Auch wenn täglich nur wenige Züge dort halten, steht der Bahnhof wegen des Bahnhofsschildes mit dem längsten Stationsnamen im Guinessbuch der Rekorde. Mit 58 Buchstaben stellt es selbst den deutschen Bahnhof Lübeck-Travemünde-Skandinavienkai mit „nur“ 33 Buchstaben gehörig in den Schatten.
Anschließend geht es wieder Richtung Snowdonia, dieses Mal entlang der A-4086 über den Llanberis Pass. Unterwegs kommen wir an einem der größten natürlichen Seen von Wales vorbei, dem Llyn Padarn („Llyn“ ist das Walisische Wort für „See“ oder „Teich“).
Bei einer kleinen Pause am See treffen wir durch Zufall einen Verwandten des Didimobils. Ebenfalls ein T3, weiß mit Hochdach. Er kommt aus Irland. Für eine Tour auf den höchsten Berg von Wales, den 1.085m hohen Mt.Snowdon, fehlt uns leider die Zeit. Wäre aber bei einem nächsten Besuch sicherlich eine Überlegung wert.
Der Llanberis-Pass erinnert stark an hochalpine Landschaften, obwohl er mit lediglich 359m ü.Nn. selbst für norddeutsche Verhältnisse eher als Hügel gelten würde. Auf einen längeren Stop verzichten wir, da an der Passhöhe zwar ein Parkplatz liegt, der Parkwächter aber selbst für eine kurze Fünf-Minuten-Pause geschlagene fünf Pfund kassieren möchte.
In Tanybwlch erregt ein Hinweisschild zu einem Café an einer Museumseisenbahn unsere Aufmerksamkeit, haben wir doch seit heute morgen nichts mehr gegessen. Zufälliger Weise begegnen sich just in dem Moment unserer Ankunft zwei sehr schmalspurige Dampfzüge der Ffestiniog Railway in dem kleinen Bahnhof.
Gut gestärkt soll es jetzt zügiger gen Süden gehen, wir wollen gerne noch etwa 200km weiter bis in die Nähe von Bristol gelangen. Da wir über keine vernünftige Straßenkarte verfügen, nutzen wir mal wieder die „Google Maps“-Tante mit ihrer schön SM-mäßig unfreundlichen Stimme.
Das Tolle dabei ist, dass in England ein generelles Tempolimit von 96km/h auf Landstraßen gilt, außer wenn etwas anderes vorgegeben ist. Und da es kaum Privatstraßen oder gesperrte Straßen gibt, kennt die Tante die abenteuerlichsten „Abkürzungen“.
Auf der gut ausgebauten A-470 kommen wir zügig voran, bis der Navi-Tante einfällt, einen 20km-„Umweg“ über eine C- oder D-Straße mit selbst ihr unbekannter Nummer oder Namen abzukürzen. So heißt es lapidar: „In 400 Metern rechts!“. Keine Kreuzung zu sehen. „In 200m rechts!“. Noch immer nichts zu sehen, aber man kann ja mal langsamer werden. „Jetzt rechts abbiegen!“. Und siehe da, zwischen zwei Hecken gibt es tatsächlich einen Weg. Straße wäre zu viel verlangt. Wir biegen ab und schauen uns fragend an.
Wir fahren ein paar Meter den Weg hinein, als die Google-Tante rumkrächzt: „Der Straße zwölf Kilometer folgen!“. Die meint das ernst!
Deshalb mag ich Navigationssysteme nicht. Die wissen zwar viel, zum Beispiel die zulässigen Höchstgeschwindigkeiten. Dass das arme Didimobil aber innerhalb kürzester Zeit auseinanderfiele, führe man auf dieser Straße auch nur annähernd 96km/h, das weiß sie irgendwie wohl nicht.
Das nächste Problem auf dieser Straße soll nicht der ansich fast gar nicht vorhandene (Gegen)verkehr sein, sondern ein eher tierisches Problem werden: Ein Schaf. Irgendwie hatte es das laufende Wollknäuel geschafft, eine Lücke in der dichten Hecke zu finden und von seiner Weide auf die Straße zu laufen. Dummerweise findet es scheinbar nicht wieder zurück und versperrt uns erst einmal den Weg. Als es das Didimobil erspäht, scheint es einen riesigen Schreck zu bekommen, ködelt auf die Straße und läuft uns voraus anstatt nach links oder rechts in die Hecke. Es gibt kein Ausweichen, weder für uns, noch für das arme Tier. Es bräuchte bloß zur Seite gehen, an uns vorbei laufen oder sonst irgendwas. Selbst des Jugendfeuerwehrmanns beherzter Versuch, das Tier einzufangen, scheitert kläglich. So treiben wir das arme Schaf etwa einen Kilometer vor uns her, bis es eine Möglichkeit findet, weit genug zur Seite auszuweichen. 🙁
Irgendwann treffen wir wieder auf eine B-Straße, die zwar recht gewunden an saftigen Hügeln entlang führt, aber ein schnelleres Vorankommen ermöglicht. Am Llyn Clywedog, einem Stausee, der als Wasserspeicher die Wasserversorgung von den English Midlands bis nach Birmingham sicherstellt, legen wir bei sommerlichem Wetter eine weitere kleine Pause ein.
Im Brecon Beacons Nationalpark finden wir schließlich einen etwas abgelegenen Campingplatz, an dem wir unsere letzte Nacht in Wales verbringen.
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