Inlandsvägen – immer geradeaus
Donnerstag, 04.09.2014
Guten Morgen aus der Wintersportregion Åre. Letzte Nacht sind wir hier gestrandet, später als wir wollten, aber auch dichter an unserem Ziel als geplant. Also reicht es, um neun aufzustehen.
800 km sollen es noch bis Luleå sein, seit unserer Ankunft in Norwegen benötigten wir für 1.200 km knapp 40 Stunden. „Bully“, wie der Anpfiff im Eishockey genannt wird, ist in 36 Stunden. Könnte eng werden.
Um kurz nach 10 Uhr haben wir unsere Utensilien wieder verstaut und begeben uns auf die Reise durch Schweden. Bereits in einem Monat soll hier die Wintersaison beginnen. Noch sind die Temperaturen angenehm zweistellig.
Auf den ersten Blick besticht Schweden durch seine unendlichen Weiten. Im Gegensatz zu Norwegen mit steil aufragenden Felswänden und spektakulären Passstraßen findet man in Schweden eher vergleichsweise sanfte, bewaldete Hügel.
In Östersund biegen wir auf den Inlandsvägen ab. Die auch als Europastraße E45 bezeichnete Straße verbindet Göteborg mit Lappland durch das Landesinnere Schwedens, lange Zeit parallel zur Inlandsbanan, von der sie ihren Namen erhalten hat.
In dem kleinen Örtchen Lit begeben wir uns auf die Suche nach einer Tankstelle und einem Bäcker. Ob die altersschwache Brücke über den Indalsälven uns auch auf dem Rückweg aushalten würde, vermögen wir nicht zu sagen. So suchen wir uns ein Plätzchen mit Blick aufs Wasser und stellen uns schließlich an den Bahnhof.
Viel Verkehr scheint es auf der Inlandsbahn nicht zu geben. Obwohl das schmucke rote Bahnhofsgebäude gut in Schuß gehalten wird, sehen die Bahnanlagen eher verwahrlost und heruntergekommen aus. Der Bahnsteig selbst besteht lediglich aus einem kleinen Podest, einer Laterne und dem Fahrplan für den einzigen Zug am Tag: Morgens ins 718 km entfernte Gällivare, abends zurück.
Der Inlandsvägen ist eine gut ausgebaute Landstraße, die zügiges Vorankommen gestattet. Zum Glück für uns ist sie genauso eintönig. Kilometerlange gerade Abschnitte, Kurve, wieder geradeaus, Kurve, geradeaus. Der Belag ist mal grau, mal schwarz und mal rot, die Bäume am Rand mal nadelig, mal laubbehangen.
Alle zehn Minuten kommt man durch ein kleines Dorf, das bietet dann für ein paar Sekunden etwas Abwechslung. Anders als in Norwegen besteht bei niemandem von uns großartiger Bedarf, anzuhalten, Fotos zu machen, auf Entdeckungstour zu gehen.
Einwohnerzahlen von 1.500 bis 2.000 erheben Orte wie Dorotea, Vilhelmina oder Storuman entlang der Strecke zu wichtigen zentralen Orten. Auf den jeweils etwa 50 km dazwischen wohnen gerade einmal eine handvoll Leute.
Je weiter nach Norden man kommt, desto höher wird die Dichte an Nadelbäumen und Mücken. Bis Sorsele wollen wir heute fahren, dort soll ein Campingplatz sein, der noch bis Mitte des Monats geöffnet haben soll.
Hat er auch. Um 19 Uhr checken wir ein und bereiten alles zum Grillen vor. Viel Spaß sollen wir nicht haben, denn die Mücken sind auch Anfang September noch furchtbar aktiv, und so ziehen wir uns nach dem Essen schnell ins Didimobil zurück und genießen den Abend bei Bier und Pernot.
Elche, der reinste Touristennepp!
Freitag, 05.09.2014
Die letzten 250 km bis zu unserem Etappenziel Luleå stehen heute auf dem Programm. Die häufigen Pausen in Norwegen haben wir gestern gut wieder aufgeholt, ohne das Gefühl, etwas verpasst zu haben. Einzig der alle paar Kilometer auf den bekannten Schildern angekündigte Elch wollte sich partout nicht blicken lassen, aber das wollen wir heute ändern.
Zurück auf dem Inlandsvägen halten wir die Augen offen nach einem Elch, oder jedenfalls erst einmal nach einem „Achtung, Elch!„-Schild. Doch die scheinen hier alle besoffen zu sein, jedenfalls „torkeln“ die jetzt nur noch über die Schilder. Komische Elche.
Später wird man uns darüber aufklären, dass wir uns bereits in Lappland befänden und es sich bei dem „Elch“ auf dem Schild eigentlich um ein Rentier handele. Mit Knollennase und Besengeweih.
In der nächstgrößeren Stadt Arvidsjaur mit gut 4.500 Einwohnern kommt das erste Mal seit 500 km wieder so ein Gefühl von Zivilisation auf. Wir tanken das Didimobil, befreien die Scheiben von den Mücken und: Wir sehen Elche! Zwar nur aus Holz, aber immerhin:
Weiter geht es Richtung Ostsee, gute 150 km noch bis zum Ziel und etwa acht Stunden Zeit. Die E45 verlässt Arvidsjaur in Richtung Polarkreis; Interesse hätten wir schon, aber knapp 300km Umweg wollen wir nun doch nicht riskieren.
Wir kommen gut voran, aber der Elch will sich noch immer nicht blicken lassen. Da wir gut in der Zeit liegen, machen wir einen kleinen Abstecher ins Hinterland. Irgendwo dort MUSS er sich doch verstecken…
Erfolglos kommen wir um 15 Uhr am Campingplatz „First Camp Luleå“ ankommen. Wir bekommen einen Stellplatz direkt am langen Sandstrand. Im Sommer muss das die Karibik Schwedens sein.
Wir haben jetzt etwas Zeit zum Relaxen und Sonne genießen, bis wir uns gegen 17 Uhr auf den Weg zur Bushaltestelle machen. Diese befindet sich neben einem kleinen Eisenbahnmuseum.
An der Halle treffen wir dann fünf weitere Fans aus Hamburg – und einen aus Krefeld, der auf dem Weg zu einem Spiel seiner Krefeld Pinguine in Skellefteå am nächsten Tag ist. Somit sind wir insgesamt zehn Gästefans, die ein schönes Spiel mit einer 6-0 Niederlage für die Hamburger erleben.
Von den anderen fünf Hamburgerinnen sind vier ebenfalls mit dem Auto unterwegs (wir sollen sie in Rauma wiedertreffen) und eine ist mit Flugzeug und Nachtzug angereist. Schon verrückt.
Und die Elche? … Es ist gerade der Beginn der Jagdsaison, angeblich sehe man derzeit so viele Elche wie nie im Jahr. Jeder, den wir ansprechen, hat auf dem Weg zur Arena mindestens drei Tiere getroffen, bei jedem stehen die jeden Tag herdenweise im Garten und fressen die Blumen auf. Wir hingegen glauben weiterhin an eine Urban Legend, denn ELCHE GIBT ES GAR NICHT, die sind eine Erfindung der Tourismusindustrie!
Pingback: Bulli-Ultras auf Herbsttour – Teil 3 – Mit dem Didimobil unterwegs
Pingback: England & Wales 2017 – Teil 1 – Mit dem Didimobil unterwegs